Luftraumsicherung: Ungarn als Sloweniens "Luftpolizist"

Ungarische
Ungarische "Gripen"Georg Mader
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Slowenien hat den Schutz seines Luftraums Ungarns Luftwaffe überantwortet. Mit dem bisherigen Schutz durch Italien war man angeblich nicht so zufrieden.

Während in Österreich angesichts der neuen beträchtlichen Kürzungen des Verteidigungsbudgets das Bundesheer an der Schwelle zur Potemkinschen Organisation steht und teils schon die Abschaffung der "Typhoon"-Kampfjets gefordert wird, hat sich, in Österreich weitgehend unbemerkt, in unserem kleinen Nachbarland Slowenien Bemerkenswertes getan: Dort hat die Luftwaffe Ungarns soeben die Sicherung des slowenischen Luftraums sowie die Luftverteidigung übernommen. Beide Staaten sind seit 2004 in der NATO.

Sloweniens Luftstreitkräfte sind bescheiden und bestehen nur aus zwei Dutzend kleinen Transportern, Propellerflugzeugen und Hubschraubern. Pläne zur Beschaffung amerikanischer F-16-Jets wurden aus wirtschaftlichen Gründen verworfen.

"Gripen" im Einsatz

2012 hatten beide Länder eine Absichtserklärung zum Luftschutz verkündet und diese vorigen Sommer "zementiert". Nun haben, wie das Militärfachmagazin IHS Jane's Defence berichtet, am 17. Jänner die 14 ungarischen Düsenkampfflieger Typ Saab J-39C/D "Gripen" der 1. „Puma"-Staffel des 59. Taktischen Geschwaders aus Kecskemét in Zentralungarn formal das "Air Policing" über dem rund 20.000 Quadratkilometer großen Staatsgebiet Sloweniens übernommen. Die Alarmierung bzw. Führung der Gripen über Slowenien soll durch slowenisches Radar und slowenische Offiziere erfolgen.

Der endgültige bilaterale Kooperationsvertrag war vorigen Freitag auf der Basis Kecskemét von den Verteidigungsministern Csába Hende (Ungarn) und Roman Jakic (Slowenien) unterzeichnet worden.

Tatsächlich war Slowenien schon seit 2004 von der NATO geschützt worden - durch Flugzeuge der italienischen Luftwaffe, die von Basen an der nördlichen Adria oder von der Po-Ebene aus operierten. Wie Georg Mader, Österreich-Korrespondent von Jane's Defence, berichtet, sei man aber in Ljubljana in der Praxis vom adriaübergreifenden Luftschutz durch Italien nicht so überzeugt gewesen und habe daher vorübergehend die erwähnten eigenen Jet-Beschaffungen (sechs bis acht Stück) erwogen. Die Weitergabe der Luftschutzverantwortung an Ungarn kam zustande, weil diese von dort aus effektiver umzusetzen sei.

Luftschutz für schwache NATO-Staaten

Innerhalb der NATO gibt es neben Slowenien mehrere Beispiele für Luftraumsicherung durch andere Mitglieder: Über Albanien operieren griechische und italienische Jets. Über den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen gibt es eine NATO-Patrouille, die von Siauliai im Norden Litauens aus fliegt und deren Flugzeuge (in der Regel vier) abwechselnd für jeweils mehrere Monate von NATO-Mitgliedern gestellt werden; seit Anfang Jänner verantwortet die US-Airforce mit F-15-Jets dieses "Air Policing Baltikum", zuvor waren es ab September die Belgier, zuvor (ab April 2013) die Franzosen, wieder zuvor (ab Jänner) die Dänen. (Foto: Französische Mirage-2000 der "Baltischen Luftpolizei").

Französische Mirage-2000 in Litauen, Jänner 2010
Französische Mirage-2000 in Litauen, Jänner 2010 Ministry of National Defence Republic of Lithuania

Der Luftraum über Island, das praktisch kein Militär besitzt, wird von Keflavik nahe Rejkjavik aus von anderen NATO-Fliegern bewacht; bis 2006 waren dafür über Jahrzehnte fast exklusiv die Amerikaner zuständig, seither flogen dort unter anderen auch Niederländer, Norweger, Portugiesen und Deutsche. Die NATO bezahlt die Betriebskosten für die jeweiligen Luftpolizisten.

Zeltweg müsste NATO-Basis werden

Wie seitens Jane's Defence betont wird, wäre eine vergleichbare dauerhafte NATO-Luftraumsicherung über Österreich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Zudem - und deshalb - ist Österreich nicht NATO-Mitglied. Wegen Größe und Form des Bundesgebiets sowie aus technisch-taktisch-reaktionszeitlichen Gründen müssten, so heißt es, fremde Jäger am besten auf der Basis Zeltweg, also einigermaßen im Landeszentrum, stationiert werden. Mit der viel beschworenen Neutralität wäre das natürlich auch unvereinbar.

Österreichs Militärbudget ist 2013 unterdessen auf im internationalen Vergleich unerhebliche 0,5 bis 0,6 Prozent des BIP abgerutscht, was etwa den Aufwendungen Luxemburgs, Irlands oder Papua-Neuguineas entspricht. Slowenien bringt es auf 1,02 Prozent des BIP.

Fotos: (1) Slowenische Pilatus PC-9, ein Trainer Schweizer Herkunft. Die Slowenen besitzen elf Stück, neun davon wurden mit israelischer Hilfe mit MGs und Werfern für ungelenkte Luft-Boden-Raketen leicht bewaffnet.

(2) Slowenischer "Cougar"-Transporthubschrauber des europäischen Herstellers Eurocopter (heute: Airbus Helicopters), Slowenien besitzt vier Stück.

Slowenische Pilatus PC-9, Trainer und leicht bewaffnetes Erdkampfflugzeug
Slowenische Pilatus PC-9, Trainer und leicht bewaffnetes ErdkampfflugzeugYuan Le/www.avijacija.com.mk
Slowenischer
Slowenischer "Cougar"-TransporthelikopterSlowenisches Verteidigungsministerium

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