Die Analysten haben einen neuen Indikator entdeckt. Ist das Erscheinen von Wall-Street-Blockbustern ein brauchbares Verkaufssignal?
Nicht immer liefern Frühindikatoren wie Konsumklima, Gewinnerwartungen oder Auftragseingänge die besten Prognosen zur Wirtschaftslage. Unterhosen-Absatz, neue Wolkenkratzer oder Gelsenstiche liefern manchmal erstaunliche Hinweise. DiePresse.com präsentiert die skurrilsten Wirtschaftsindikatoren. www.bilderbox.com von US-Ökonom George Tyler, 1926 Einer der ältesten skurrilen Wirtschaftsindikatoren ist der Rocklängen-Index: "Geht es mit der Konjunktur nach oben, werden die Röcke kürzer", war Ökonom George Tyler 1926 überzeugt. Mittlerweile wurde seine These in mehreren Studien belegt. Und auch der Minirock wurde in den 60ern und damit in Zeiten der Hochkonjunktur erfunden. EPA vom US-Anlageberater Bespoke Investment Es gibt eine interessante Korrelation zwischen der US-Börse und der Bikiniausgabe der "Sports Illustrated": Ist eine Amerikanerin auf dem Cover, entwickelt sich der S&P-500-Index besser. Ist es keine US-Bürgerin, so entwickelt sich der Index tendenziell schlechter. Der Anlageberater Bespoke Investment hat die Daten ab 1978 ausgewertet. Heuer schaut es übrigens nach einem guten Jahr aus: Die Amerikanerin Kate Upton (im Bild) ziert die Bikini-Ausgabe. EPA (IAN LANGSDON) von Terry Pettijohn, 2003 Der US-Professor Terry Pettijohn analysierte Playboy-Hefte seit 1960. Sein Ergebnis: Ist die Wirtschaftslage trist, sind im Playboy eher reifer wirkende Damen zu sehen, in rosigen Zeiten sind die Frauen hingegen optisch jünger – und kurviger."Wenn die Zeiten gut sind, wollen wir Mädchen, mit denen wir Spaß haben können. Wenn sie schlecht sind, wollen wir jemanden, der sich um uns kümmern kann“, erklärte der Studienautor. Playboy von Alan Greenspan (von 1987 – 2006 Fed-Chef) Der legendären US-Notenbankchef verriet 2007 in einem Interview einen Indikator, auf den er immer achtet: Sinkt der Absatz von Männerunterhosen, geht es mit der Wirtschaft bald bergab. Männer würden nämlich zuerst bei ihrer Wäsche sparen, so Greenspan. "Das allerletzte, was du kaufen musst, sind Unterhosen. Männer tragen ihre Unterhosen, bis sie auseinanderfallen". Das Forschungsinstitut Mintel hat übrigens herausgefunden, dass der Verkauf von Herrenunterwäsche 2009 erstmals seit Jahren um 2,3 Prozent zurückging. www.BilderBox.com Auch dem Ex-Notenbankchef selbst ist ein - nicht ganz so ernst gemeinter - Index gewidmet. Vor der Fed-Sitzung begutachteten Journalisten immer besonders genau die Aktentasche von Alan Greenspan. Eine Leitzinsänderung war demnach wahrscheinlich, wenn die Tasche prall gefüllt war. AP (Scott Applewhite) Ganz anders als bei Greenspans Unterhosen sieht es offenbar aus, wenn man den Krawatten-Markt beobachtet. Als in Großbritannien 2007 viele Menschen von der Entlassung bedroht waren, stieg der Verkauf von Krawatten stark an. Der Grund dafür könnte sein, dass die Angestellten mit guter Kleidung ihren Chefs imponieren wollten. www.BilderBox.com von Estee Lauder, 2001 Leonard Lauder vom Kosmetikkonzern Estee Lauder machte eine interessante Entdeckung: Nach der Katastrophe von 9/11 wurden deutlich mehr Lippenstifte verkauft. Dies war laut dem Geschäftmann auch bei vielen anderen Krisen der Fall, zum Beispiel auch schon während der Depression der 1930er Jahre. Seine Erklärung: "Wenn Frauen kein Geld für neue Kleider oder teure Schuhe ausgeben wollen oder können, dann doch wenigstens für Lippenstift. EPA (PETER FOLEY) Symphony IRI, 2010 Die These ist einfach: Eltern wechseln in Krisenzeiten seltener die Windeln ihrer Babys. Das Marktforschungsinstituts Symphony IRI fand heraus, dass der Verkauf von Wegwerf-Windeln in den USA im Jahr 2010 um neun Prozent einbrach, während 2,8 Prozent mehr Salbe gegen Windel-Ausschlag gekauft wurde. Clemens Fabry Als auf dem Höhepunkt der Subprime-Krise in den USA immer mehr Menschen ihre Häuser verlassen mussten, zogen dort immer mehr Gelsen ein. Ungepflegte Gärten oder Swimmingpools waren schließlich die ideale Umgebung für die Insekten. Auch das "Maricopa County Environmental Services Department" bekam viel zu tun: Von 2007 auf 2009 stieg die Zahl der Pools, die gepflegt werden mussten, um die Gelsen-Epidemie zu bekämpfen, um 60 Prozent. APA/Peter Förster von Andrew Lawrence, Ökonom bei der Dresdner Bank, seit 1999 Die Theorie: Die höchsten Gebäude der Welt werden immer kurz vor dem wirtschaftlichen Niedergang gebaut. Denn am meisten investiert wird immer zum Höhepunkt des Konjunkturzyklus. So wurde während der Ölkrise 1973 das World Trade Center fertiggestellt. Die Bauarbeiten beim Burj-Khalifa-Wolkenkratzer in Dubai (im Bild) waren während der Finanzkrise 2007 in vollem Gange. (mehr dazu ...) EPA/Stefan Aufschnaiter von Kinobetreiber Rupert Gavin, 2009 Auch in der Krise gehen die Menschen gerne ins Kino, aber offenbar sparen sie bei den Naschereien. Zu diesem Ergebnis kam Rupert Gavin, Betreiber der britischen Kinokette Odeon. Er verglich im Jahr 2009 den Pro-Kopf-Konsum von Popcorn mit dem FTSE-Börsenindex und entdeckte eine erstaunliche Korrelation: Ging es an der Börse bergab, gab es auch weniger Andrang beim Popcorn. www.BilderBox.com vom Wirtschaftsmagazin „The Economist“, seit 1986 Schon ein richtiger Klassiker ist dieser Index zur Erhebung der Kaufkraft. Es gibt einen Warenkorb mit nur einem Gut: Dem BigMac von McDonald's, der seit Jahrzehnten aus den gleichen Zutaten besteht und in über 140 Ländern verdrückt wird. In der Schweiz ist der BigMac mit 6,81 US-Dollar am teuersten, in der Eurozone sind es 4,43 US-Dollar und in Indien nur 1,62. (>>> der aktuellen Big-Mac-Index) McDonald's Skurrile Krisen-Indikatoren Die Börse ist nicht immer ein todernstes Parkett – und die Börsenregeln sind es auch nicht. Im Bemühen, das Auf und Ab der Kurse zu erklären, kommen Analysten jedenfalls auf die wildesten Zusammenhänge. In den Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts war der Running Gag an den Märkten beispielsweise der angeblich schlüssig nachgewiesene Zusammenhang zwischen der künftigen Kursentwicklung und der Rocklänge bei den jeweils aktuellen Fashionshows.
Jetzt haben die Auguren einen neuen Indikator entdeckt: Immer, wenn Hollywood einen großen Börsenfilm herausbringt, stürzen bald danach die Kurse ab. Der nebenstehende Chart, der seit ein paar Wochen durch die Finanzportale geistert, stützt die These: 1987 kam „Wall Street“ in die Kinos. Die Folge der fiesen Tricks des schmierigen Börsenmaklers Gordon Gekko: der Schwarze Montag mit dem bis dahin größten Tagesverlust im Dow Jones. Im Jahr 2000 kam mit „Boiler Room“ wieder ein Börsenblockbuster – und der Dow Jones verlor 34 Prozent. 2009, in dem Jahr, in dem „Wall Street II“ produziert wurde (in die Kinos kam der Film erst 2010), crashte der Markt gar um 49 Prozent. Und jetzt? Immerhin kam gerade „The Wolf of Wall Street“ in die Kinos – und die Kurse beginnen zu rutschen.
Im Ernst: Ganz abwegig ist der Indikator nicht. Die breite Masse beginnt sich immer erst nach langen Aufschwüngen, wenn die Märkte überhitzen, für Aktienkurse zu interessieren. Breiteres Interesse alarmiert natürlich Filmemacher auf der Suche nach massentauglichen Themen. Das passiert meist in der Endphase eines Aufschwungs – dem immer eine mehr oder weniger starke Konsolidierung folgt.
Gegen Orgien hat Jordan Belfort grundsätzlich nichts. Wenn sie aber ungefragt in seiner noblen Manhattan-Wohnung gefeiert werden, kann er ziemlich ungehalten werden. In "Der Wolf der Wall Street" ("Presse"-Kritik: Wirf den Zwerg und hol das Geld) verprügelt er deshalb einen Teilnehmer. Screenshot (Trailer) Die einzigartige Wohnung in Midtown-Manhattan war für die Filmproduzenten die ideale Kulisse für das Leben eines reichen Spekulanten. Der reale Jordan Belfort hat hier nie gelebt. www.zillow.com Das Penthouse bietet einen einzigartigen Blick über Manhattan und auf den Hudson. Es liegt im 32. Stock und hat mehrere Terrassen. www.zillow.com Das Wohnzimmer ist großzügig und südseitig angelegt, der offene Gaskamin dient mehr der Stimmung - und kann per Fernbedienung ein- und ausgeschaltet werden. www.zillow.com Die nüchternen Zahlen: 250 Quadratmeter Wohnfläche, drei Schlafzimmer, vier Badezimmer, dreieinhalb Meter hohe Glasfenster, die vom Boden bis zur Decke reichen ... www.zillow.com ... ein Essplatz mit atemberaubendem Ausblick, Eichenboden, große Küche. Der Preis für all das ist auch atemberaubend: 6,5 Millionen Dollar. Umgelegt 26.000 Dollar pro Quadratmeter. www.zillow.com Geschmack ist in dem Preis nicht inkludiert. Aber wer sich die Wohnung leisten kann, kann sich auch einen neuen Anstrich und eine neue Einrichtung in einem der Schlafzimmer leisten. www.zillow.com Jordan Belfort selbst wird sich seine fiktionale Wohnung nicht leisten können. Der einstige Multimillionär lebt nach seiner verbüßten Haftstrafe von 22 Monaten von Motivationsseminaren und den Verkäufen seiner Biografie "Der Wolf der Wall Street". ---> Mehr über Jordan Belfort Reuters Leben wie der ''Wolf of Wall Street'' ("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2014)
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