Mayerling-Drama
Mayerling-Drama: "Ich muss sterben wie ein Gentleman"
Vor 125 Jahren erschoss der österreichische Thronfolger Rudolf seine Geliebte und sich. Bis heute sind die Hintergründe nicht restlos geklärt.

"Ein furchtbares, entsetzliches, niederschmetterndes Unglück hat sich ereignet. Kronprinz Rudolf, der Erbe des Thrones, die Hoffnung der Dynastie und des Reiches, ist tot!", schreibt die "Neue Freie Presse" im Abendblatt des 30. Jänner 1889. Vor 125 Jahren erschoss sich der einzige Sohn von Kaiser Franz Joseph und seiner Frau Elisabeth, "Sisi". Der österreichische Thronfolger galt als einer der klügsten Köpfe in der langen Geschichte des Hauses Habsburg.
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"Man meldet, dass der Kronprinz im Jagdschlosse zu Mayerling heute Früh tot in seinem Bette mit einer Schusswunde im Körper aufgefunden worden ist. Auf welche Weise er verwundet worden, ist nicht bekannt", heißt es in der Zeitung.
Im Bild: Jagdschloss Mayerling
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Am nächsten Tag ist hingegen davon die Rede, dass "seine Hoheit einem plötzlichen Tode, wahrscheinlich in Folge eines Schlaganfalls erlegen sei". Erst am 2. Februar schreibt die "Neue Freie Presse", dass die vom Obersthofmeister-Amte zur Aufnahme des Tatbestandes Beorderten in Mayerling den Tatbestand konstatierten, "dass der Kronprinz sich selbst getötet" hat.
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"Er war ein unglücklicher, aber sehr guter und intelligenter Mensch", sagt Rudolf-Biografin Brigitte Hamann in einem "Presse"-Interview. "Dieses Kind war vom Vater bereits als Säugling in die Armee aufgenommen und zum Offizier ernannt – und in der Folge einem erbarmungslosen Drill unterworfen worden. Der Kaiser wollte aus diesem sensiblen und ängstlichen Sohn unbedingt einen Soldaten machen, einen Helden. Diese grausame Erziehung in den jüngsten Jahren hat den sehr begabten Kronprinzen früh gebrochen."
Österreichische Nationalbibliothek

Auf Druck des Kaisers muss Rudolf 1881 Prinzessin Stephanie, die Tochter des belgischen Königs Leopold II., heiraten. Vor allem in jener Zeit, als das Paar in Prag lebt, soll es immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen sein.
Im Bild: Rudolf mit Ehefrau Stephanie
Im Bild: Rudolf mit Ehefrau Stephanie
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"Rudolf ist ein moderner Politiker an einem veralteten Hof", wie Hamann sagt. "Er bereitet sich auf grundlegende Reformen vor, er träumt von Österreich-Ungarn als Muster für ein multinationales vereintes Europa und einer Gesellschaft, für die nicht die höfische Hierarchie wichtig ist, sondern die Auswahl der Tüchtigen."
Rudolph ist die große Hoffnung der Bürgerlichen. Doch offenbar fehlt ihm die Kraft, auch weil er an Syphilis leidet. Hamann spricht von einem Verfall seiner Persönlichkeit.
Im Bild: Das Begräbnis
Rudolph ist die große Hoffnung der Bürgerlichen. Doch offenbar fehlt ihm die Kraft, auch weil er an Syphilis leidet. Hamann spricht von einem Verfall seiner Persönlichkeit.
Im Bild: Das Begräbnis
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Fest steht: Der 30-jährige Rudolf und seine Geliebte, die 17-jährige Baronesse Mary Vetsera, sterben durch Schusswunden. "Ich muss sterben, das ist die einzige Art, zumindest wie ein Gentleman diese Welt zu verlassen", schreibt er in einem Abschiedsbrief. In einem Brief an seine Frau steht: "Du bist von meiner Gegenwart und Plage befreit." Die Hintergründe der Tat sind aber nicht restlos geklärt.
Im Bild: Mary Vetsera
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Die Selbstmord-These ist die bis heute mit Abstand wahrscheinlichste. Rudolf litt angeblich unter starken Stimmungsschwankungen. Georg Markus und die Historikerin Katrin Unterreiner schreiben in dem zum 125. Todestag erscheinenden Buch "Das Original-Mayerling-Protokoll" außerdem, dass der Tod Friedrichs III. und die Thronbesteigung des verhassten Wilhelm II. in Berlin Rudolf die Hoffnung auf Frieden in Europa genommen hätten.
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Den Mythos vom romantischen Liebestod zerstört Hamann. Vetsera "war eines der zahlreichen Groupies, die alles getan hätten, um auch nur in seiner Nähe zu sein. Er wollte sie ja am Morgen vor der Tragödie schon einmal aus Mayerling wegschicken und ließ die Kutsche anspannen - nur, sie setzte alles daran, um bleiben zu können. Sie wollte die Auserkorene sein, die mit ihm in den Tod ging."
Im Bild: Das Begräbnis
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Bereits im Sommer 1888 soll Rudolf die Kurtisane Mizzi Kaspar gebeten haben, sich mit ihm zu erschießen. Die von Rudolf zur "Hausbesitzerin" gemachte Frau nimmt laut Georg Markus aber all ihren Mut zusammen und meldet die Suizid-Absichten ihres heimlichen Geliebten dem Polizeipräsidenten, die dieser aber nicht weitergibt. Rudolfs Gegenspieler, der erzkonservative Innenminister und Ministerpräsident Graf Eduard Taaffe, könnte in einem möglichen Selbstmord Rudolfs die Chance gesehen haben, seinen Widersacher bequem loszuwerden.
Im Bild: Gedenkkirche Mayerling
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Das legt ein "profil"-Bericht nahe. Rudolf besucht Kaspar noch in der Nacht vor seinem Tod. Ein Polizeiagent notiert demnach in seinem Protokoll: "Montag, den 28.1.1889 war E. R. bei Mizzi bis drei Uhr morgens, trank sehr viel Champagner und gab dem Hausmeister zehn Gulden (rund 100 Euro) Sperrgeld. Als er sich von Mizzi empfahl, machte er ganz gegen seine Gewohnheit ihr an der Stirne ein Kreuzzeichen."
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Zita, Ehefrau des letzten Kaisers von Österreich Karl I., glaubte bis zu ihrem Tod an die Tat "politischer Meuchelmörder" und vermutete den französischen Staatsmann Clemenceau hinter der Tat. Zuletzt rüttelte die Historikerin Ingrid Haslinger an der Selbstmord-Theorie. Rudolf sei nicht lebensmüde gewesen, heißt es in ihrem 2009 erschienenen Buch "Rudolf war immer ein guter Sohn". Ihr Schluss: Mayerling muss daher anders gewesen sein.
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