"Doppelmoral". Grüne weisen Dönmez-Kritik zurück

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Grüne, FPÖ, Akademikerball, NoWKR(c) Michaela Bruckberger
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Bundesrat Dönmez wirft seiner Partei vor, gegen die FPÖ schärfer als gegen Islamisten vorzugehen. Peter Pilz knöpft sich die Parteijugend vor. Diese ist bereits in zwei Gruppen gespalten.

Wien. Eigentlich wollte der grüne Parlamentsklub mit der am Dienstag zu Ende gegangenen Klausur in Mauerbach die Aufmerksamkeit auf ihre Vorhaben im Nationalrat lenken. Aber die Nachwehen der von Ausschreitungen überschatteten Demonstration gegen den Akademikerball der FPÖ sorgen weiter für Debatten. So bezeichnete FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl Parteichefin Eva Glawischnig sogar als „Ziehmutter der Gewalt bei den Ausschreitungen zum Ball“.

Aber auch parteiintern gibt es Ärger: Der grüne Bundesrat Efgani Dönmez warf in seinem Internetblog der Partei „Doppelmoral“ vor. „Nationalislamistische Strömungen“ auf Wiens Straßen würden für die Partei unter Meinungsfreiheit fallen. Aber „wenn Ballbesucher mit einem deutschnationalen Weltbild und sonstigem rechten Gedankengut diesen besuchen, dann wird dagegen massiv gewettert und versucht, dies mit (fast) allen Mitteln zu bekämpfen“, so Dönmez.

Es ist nicht das erste Mal, dass Dönmez seine Partei diesbezüglich kritisiert: „Aber es wird durch Wiederholung nicht richtiger“, sagt Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner zur „Presse“. Man sei für Versammlungsrechte, aber gegen jede fundamentale Position. Ähnlich sieht das der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser: „Man kann nicht das eine gegen das andere aufwiegen“, erklärt er zu Dönmez' Vergleich von Deutschnationalen und nationalen Islamisten.

Bemüht sind die Grünen, sich von Gewalt zu distanzieren, zumal ihre Jugend in der Kritik steht. „Verharmlosen werde ich Gewalt sicher nicht“, sagt Steinhauser, auch wenn er als einstiger Junggrüner bei der Wortwahl Verständnis dafür habe, dass Junge sich „anders artikulieren als ein Justizsprecher“. Deutlich äußerte sich Parteikollege Peter Pilz in seinem Blog: „Es gibt eine Grenze, und die heißt ,Gewalt‘. Wer sie überschreitet, gehört nicht zu uns.“ Und weiter – in Richtung Parteijugend: „Wer jetzt gehen will – adieu.“

Auf einer gegen den FPÖ-Ball gerichteten Internetseite, die auf die Jungen Grünen registriert war, befand sich der Slogan „Unseren Hass, den könnt ihr haben!“ Dieses Motto zeigten auch die Randalierer bei der Demonstration am vergangenen Freitag auf ihren Plakaten. Die Jungen Grünen erklärten, sie hätten die Seite anderen Gruppierungen zur Verfügung gestellt. Glawischnig drohte den Jungen Grünen nun, ihren Status als Jugendorganisation abzuerkennen, wenn sie nicht auf Inhalte ihrer Seiten achten. Auf die Forderung gingen die Jungen Grünen nach kurzem Zögern ein.

Doch wer sind die Jungen Grünen? Erst seit 2011 sind sie die offizielle Jugendorganisation der Partei. Vorher war es die Grün-Alternative Jugend (GAJ), nach persönlichen Spannungen kam es aber parallel zur Gründung der Jungen Grünen. Und diese sollten sich eigentlich weniger radikal positionieren. Man sei auch „realer und pragmatischer“ als die GAJ, betont Cengiz Kulac, Bundessprecher der Jungen Grünen. „Natürlich geht es um linke Politik. Aber man muss auch sehen, dass es dafür keine Mehrheit in Österreich gibt“, sagt Kulac zur „Presse“. Er hat keine Freude damit, dass seine Organisation ins radikale Eck gestellt werden soll. So verweist er darauf, dass das auf die österreichische Fahne anspielende Sujet „Nimm ein Flaggerl für dein Gackerl“ (es sorgte 2007 für Aufregung) von der GAJ war.

Parteijugend: Schwuler Jesus?

In die Schlagzeilen gerieten aber die Jungen Grünen, weil ihre Vorarlberger Gruppe in einer Satirezeitschrift „Schwuler Jesus“ titelte. Kulac verteidigt dies auch heute: „Wir wissen ja nicht, ob Jesus schwul war oder heterosexuell.“ Man wisse jedenfalls, dass die katholische Kirche ein Problem mit Homosexualität habe.

Wären die Jungen Grünen von der Partei verstoßen worden, hätte dies finanzielle Folgen gehabt: Als Parteijugend erhalten die Junggrünen 160.000 Euro staatliche Unterstützung jährlich. Die andere grüne Jugendvereinigung, GAJ, gibt es übrigens nach wie vor. Die Wiener Landespartei sieht in der GAJ sogar weiterhin ihre Jugendorganisation.

Einen Sitz in Gremien haben die Jungen Grünen nicht. Auch der Vorzeige-Jungmandatar Julian Schmid fand über andere Wege ins Parlament. „Ich finde wirklich blöd, was da war“, resümiert er über die Ausschreitungen. Er sei bei der Demo nicht gewesen. Warum nicht, wollte Schmid ebenso wenig sagen wie seine Meinung zu Dönmez' Äußerungen: Er habe keine Zeit gehabt, Dönmez' Äußerungen nachzulesen, so Schmids Begründung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2014)

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