Die liberale Demokratie mag schwerfällig daherkommen. Aber eine bessere Alternative gibt es nicht. Die effiziente Autokratie ist eine Mär.
Das Weltbild der Angela Merkel soll sich mit fortlaufender Kanzlerschaft verdüstert haben. Merkel beunruhigte dabei auch der Blick in die Geschichtsbücher, genauer ein historisches Muster, das sie dort vorfand: Je größer der Abstand zu einem großen Krieg, desto eher schrumpft die Kompromissbereitschaft in der Bevölkerung und desto eher schlägt die Stunde der Hasardeure. Als etwa 1618 der Dreißigjährige Krieg entfesselt wurde, war die Erinnerung an die Gemetzel in den Jahrzehnten vor dem Augsburger Religionsfrieden 1555 schon verblasst. Das kollektive Gedächtnis hatte das Grauen sozusagen vergessen.
Merkels Theorie ist auch ein Erklärungsansatz, um zu verstehen, warum sich weltweit eine neue Demokratiemüdigkeit ausbreitet. Ein anderer lautet, dass die Jungen mit der Performance der Politik hadern, dass sie sozusagen aus Unzufriedenheit die Systemfrage stellen. Und eine dritte weniger freundliche Lesart zielt darauf ab, dass in Zeiten der Individualisierung die Bereitschaft abnimmt, sich zu Kompromissen zu mühen. Und vielleicht stimmt von allem etwas.