Rupprechter:"Ich bin für die Einführung des Biosprits E10"

Rupprechter
Rupprechter(c) Clemens Fabry
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Der neue Umweltminister Andrä Rupprechter will den umstrittenen Agrosprit E10 wiederbeleben. In der EU will er für bindende Ausbauziele für Ökostrom bis 2030 kämpfen.

Die Presse: Sie kommen aus dem Westen, wo kaum Windräder stehen. Verstehen Sie als Tiroler die Sorgen vieler Niederösterreicher wegen des Windkraftausbaus?

Andrä Rupprechter: Dass im Westen weniger Windkraft genutzt wird, hat auch mit der Topografie zu tun. Bei uns in den Bergen wird der Wind gebrochen. Wir nützen stattdessen das Wasser, das den Berg herunterkommt.

Gegen Speicherkraftwerke gibt es auch in Tirol Proteste.

Das ist richtig. Aber ich stehe auch als Umweltminister dazu, dass wir die Speicherkraftwerke brauchen, um die Energiewende zu schaffen.

Viele Menschen im Weinviertel sehen das anders. Sie stellen den Landschaftsschutz über die umweltfreundlichen Windräder.

Dort ist das Problem vor allem der Vogelschutz. Ich sehe schon, dass die Nutzung dieser Form der regenerativen Energie Grenzen hat.

Die Debatte wurde in der Vorwoche durch die EU neu angeheizt. Sie hat entschieden, dass es ab 2020 keine verpflichtenden Ziele für den Ausbau von Ökostrom und Energieeffizienz geben soll...

... die EU hat gar nichts entschieden. Die Kommission hat gesagt, wie sie sich die Energie- und Klimaschutzpolitik bis 2030 vorstellt. Einziges Ziel ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent. Wir treten für verpflichtende Ziele bei CO2-Reduktion, Energieeffizienz und Ausbau erneuerbarer Energie ein. Ich gehe davon aus, dass Ende des Jahres eine neue Kommission auch ambitionierte Ziele haben wird. Die Barroso-Mitteilung ist nicht mehr als eine Verneigung vor der Atomlobby.

Weniger CO2 in der Atmosphäre kann man aber auch billiger haben. Laut Uni Linz kostet die Einsparung einer Tonne CO2 durch Wärmepumpen 75 Euro, durch Solaranlagen 951 Euro. Wozu also verpflichtende Ziele für den teureren Ökostrom-Ausbau?

Wir müssen uns langfristig auf Erneuerbare umstellen, weil wir eine Verantwortung unseren Kindern gegenüber haben. Nur zu schauen, was heute billig ist, ist eine Strategie mit kurzen Beinen.

Europas Industrie leidet aber unter hohen Energiepreisen. Laut Internationaler Energieagentur wird der Anteil Europas am Weltmarkt stark sinken. Macht Ihnen das keine Sorgen?

Wir müssen auf höhere Ziele drängen, wenn wir die Welt so übergeben wollen, wie wir sie übernommen haben. 40 Prozent sind schon zu wenig. Wenn wir keine Ziele setzen, können wir gleich sagen: Umweltschutz interessiert uns nicht.

Muss Ökostrom nach 2020 noch gefördert werden?

Das muss man zu gegebener Zeit evaluieren. Die Treibhausgasziele werden wir in jedem Fall erreichen.

Ewiges Sorgenkind in der Klimabilanz ist der Verkehr. Was soll hier passieren?

Bei der Elektromobilität muss mehr passieren. Die Strategie der vergangenen Jahre ist nicht aufgegangen. Das Ziel von 200.000 E-Autos bis 2020 ist nicht realistisch.

Was ist eigentlich aus E10 geworden? Ihr Vorgänger wollte den umstrittenen Agrotreibstoff ja schon vor Jahren eingeführt haben. Kommt E10 noch, oder ist das Projekt tot?

Dazu muss ich mit dem Energieminister (Reinhold Mitterlehner, Anm.) noch ein paar Gespräche führen.

Sind Sie ein Befürworter?

Ich bin grundsätzlich für die Einführung von E10, ja.

Wird es heuer noch kommen?

Nächste Frage.

Laut Experten wäre die sinnvollste Maßnahme ein Tempolimit von 100 km/h. Wären Sie dafür?

Ich bin sehr skeptisch, was das Verordnen angeht. Der Bürger ist sehr selbstständig, und ich setze auf die Verantwortung und die Vernunft des Einzelnen. Ich habe bei meiner Übersiedlung, als ich mit vollbepacktem Auto langsam von Brüssel nach Wien gefahren bin, selbst gemerkt, dass ich weniger Benzin verbraucht habe. Aber ich bin kein Verfechter neuer Tempolimits.

Eine Ihrer ersten Aussendungen als neuer Minister trug den Titel: „Holz ist der Schlüssel zur erfolgreichen Energiewende“. Sprach da der Umwelt- oder der Landwirtschaftsminister in Ihnen?

Das ist kein Gegensatz. Ich weiß schon, dass die Papierindustrie hier Probleme hat, aber das liegt daran, dass der Holzpreis hoch ist, was den Waldbauern in mir sehr freut.

Also doch eher der Landwirtschaftsminister.

Beides. Es ist auch aus Umweltschutzgründen gut, wenn wir Holz nutzen. Wir verwenden ja nicht das qualitativ hochwertige Holz, sondern Abfälle.

Hohe Holzpreise muss man in einer Marktwirtschaft akzeptieren. Kritisiert wird, dass Stromkunden das Verbrennen von Holz fördern müssen, während die Holz verarbeitende Industrie Probleme bekommt. Ist das sinnvoll?

In der Holzwirtschaft haben wir an den Folgen der Stürme gelitten. Jetzt geht es um Holzmobilisierung, also das Anwerfen der Motorsäge.

Ganz haben Sie mir jetzt aber nicht geantwortet.

Ich weiß.

Soll das Verbrennen von Holz subventioniert werden, obwohl das eine Industrie, die viele Menschen beschäftigt, vertreibt?

Es geht ja nicht nur um das Verbrennen der Biomasse. Die kaskadische Nutzung (Holz zuerst für höherwertige Produkte nutzen, Anm.)hat Sinn und wurde mit der Holzwirtschaft entwickelt.

Aber die Platten- und die Papierindustrie können mit Hackschnitzeln auch viel anfangen. Jeder kann verbrennen, was er will, aber muss jeder Stromkunde dafür extra bezahlen?

Ich bekenne mich dazu, dass wir auch die thermische Nutzung von Holz weiter fördern.

Wie halten Sie es mit der Energieautarkie?

Es sollte das Ziel sein, möglichst autark zu sein. Erdgas ist eine wichtige Brückentechnologie. Ich meine aber nicht Schiefergas. Hier gibt es mehr Risken als Chancen.

Die Uni Leoben wollte umweltverträgliches Fracking entwickeln. Das wurde durch ein Gesetz Ihres Vorgängers de facto unmöglich. War es sinnvoll, auch die Forschung zu verhindern?

Ich bin an Innovation und Forschung interessiert, aber man muss Risken und Potenziale abschätzen.

Kann man das, wenn man Forschung unterbindet?

Als Naturwissenschaftler von der Boku bin ich sehr interessiert daran, dass wir alles untersuchen und nach Erkenntnis forschen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2014)

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