EU: Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung doch lieber nächstes Jahr

Lebensmittel im Müll
Lebensmittel im MüllPresse Print
  • Drucken

90 Millionen Tonnen Lebensmittel werden jährlich in der EU weggeworfen. Das Europäische Parlament wollte 2014 zum Jahr gegen die Lebensmittelverschwendung machen – daraus wurde aber nichts.

Dass wir zu viele Lebensmittel wegwerfen, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Immer wieder tauchen schockierend hohe Zahlen auf, die gern in Relation zu den Menschen, die hungern, gesetzt werden. Kampagnen, um das Problem einzudämmen, gibt es viele, mittlerweile sogar vonseiten der Industrie. Letztere verkauft mittlerweile auch – ob aus gutem Gewissen oder Marketinggründen – Produkte, die sie früher selbst weggeworfen haben, nämlich nicht der optischen Norm entsprechendes Obst und Gemüse. So wirklich ernst dürfte es mit dem Kampf gegen die Lebensmittelvschwendung dann aber doch nicht allen sein.

Anfang 2012 hat das Europäische Parlament verkündet, die Lebensmittelverschwendung in der EU stoppen zu wollen, genau genommen bis 2025 auf die Hälfte zu reduzieren. Aktuell werden allein in Europa rund 90 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. In Sensibilisierungskampagnen sollte auf das Thema aufmerksam gemacht werden, besonders unter Schülern und Studenten. Ein hübsches Logo – „Stop Food Waste“ war ebenso entwickelt wie ein Werbespot gedreht. Und da das Europäische Parlament jedes Jahr unter ein Thema stellt – und für dieses auch Fördergelder zur Verfügung stellt –, war für 2014 das „Europäische Jahr gegen die Lebensmittelverschwendung“ vorgesehen. Gut, auch das Jahr der Vereinbarkeit von Beruf und Familie stand zur Debatte. Aber aus beiden wurde nichts. Ebenso wenig wie aus der geplanten Änderung des Mindesthaltbarkeitsdatums.

„Weil 2014 Wahljahr ist, hat man den Fokus auf die EU-Wahl gerichtet“, sagt dazu Huberta Heinzel von der Wiener Pressestelle des Europäischen Parlaments. Nachsatz: „Und weil es keinen politischen Konsens gab.“


1,3 Mrd. Tonnen Essen im Müll. Das Problem verschwindet deshalb aber nicht. Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) hat berechnet, dass weltweit jährlich 1,3 Milliarden Tonnen Nahrung auf dem Müll landen. Das sorgt nicht nur für Wirtschaftseinbußen, sondern auch für schwere Umweltschäden. Immerhin verbrauchen diese nicht verwendeten Nahrungsmittel Energie und Ressourcen. Ein paar Eckdaten: 28 Prozent des gesamten weltweiten Ackerlandes werden dafür verwendet. Die finanziellen Einbußen liegen bei 565 Milliarden Euro. Verschwendet wird jährlich 250 Kubikkilometer Wasser (das entspricht dem fünffachen Volumen des Bodensees) und 3,3 Milliarden Tonnen Kohlendioxid. FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva appelliert nicht nur, etwas gegen diese Verschwendung zu tun, sondern auch Nahrungsmittel wiederzuverwerten und zu recyceln.

Dass dabei nur Großpackungen im Supermarkt und maßloses Einkaufen schuld sind, ist laut FAO-Report allerdings falsch. 54 Prozent der Lebensmittelverschwendung passiert bereits während der Produktion, Nachernte und Lagerung. Der Rest, also 46 Prozent, wird bei der Weiterverarbeitung, der Auslieferung und dem Konsum verursacht. Und auch die traurige Gegenüberstellung hat die FAO parat: 870 Millionen Menschen hungern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Konsumenten sollen "hässliches Obst" kaufen

In Österreich landen pro Haushalt und Jahr Lebensmittel im Wert von 300 Euro im Müll, obwohl diese bei rechtzeitigem Konsum genießbar gewesen wären. Die Rewe-Gruppe startet eine Initiative gegen die Wegwerfkultur.
Tafel-Organisationen retten Lebensmittel vor dem Müll
Österreich

Lebensmittel vor dem Müll retten: Neuer Dachverband

Die Tafel-Organisationen in Wien, Salzburg und dem Burgenland haben zur besseren Vernetzung einen Dachverband gegründet.
Frau beim Gemüsekauf
Österreich

Lebensmittel: Preis bei Frischware wichtiger als Qualität

Nur zwei Drittel der Österreicher würden nicht einwandfreie Produkte kaufen, um der Lebensmittel-Verschwendung vorzubeugen, zeigt eine Studie.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.