Gurlitts Anwälte stellen Strafanzeige

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Der Vorwurf lautet "Verletzung des Dienstgeheimnisses". Roland S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, kritisiert Deutschlands Umgang mit Raubkunst.

Die Anwälte des Münchner Kunstsammlers Cornelius Gurlitt haben bei der Münchner Generalstaatsanwaltschaft Anzeige gegen Unbekannt eingereicht. Der Vorwurf lautet "Verletzung des Dienstgeheimnisses", teilte Gurlitts Sprecher Stephan Holzinger am Montag mit. "Die Preisgabe von Ermittlungsinterna an die Presse und die damit verbundene schwere Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte sind für Herrn Gurlitt in keiner Weise tolerabel", so Gurlitt-Anwalt Tido Park: "Dies ist eine eklatante Verletzung des Dienstgeheimnisses."

Hintergrund ist nach Angaben Holzingers unter anderem ein Bericht des Magazins "Focus", der Inhalte der Ermittlungsakte umfasst haben soll. Der 81-jährige Gurlitt steht seit Ende vergangenen Jahres unter Betreuung. Sein Betreuer Christoph Edel hatte die Anwälte und den Sprecher für den Kunstsammler eingesetzt.

Lauder wirft Deutschland Versäumnisse vor

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC), Roland S. Lauder, hat Deutschland Versäumnisse im Umgang mit NS-Raubkunst vorgeworfen. Über Jahrzehnte habe man die Suche nach gestohlener Kunst vernachlässigt. Dass 70 Jahre nach Ende des NS-Regimes die Gurlitt-Sammlung auftauche, sei ein Beispiel für diese Gleichgültigkeit, so Lauder am Donnerstag zur dpa.

Die Bundesrepublik müsse die Nachforschungen nach Raubkunst in den Museen entschlossen anpacken und sich aktiv an der Suche nach den Erben beteiligen, forderte Lauder. "Dazu gehört aber Mut und der Wille und jemand der endlich sagt: "Lass uns das machen!""

"Warum soll es Verjährung für Nazi-Raubzüge geben?"

World Jewish Congress president Lauder gives Reuters interview in Berlin
World Jewish Congress president Lauder gives Reuters interview in Berlin(c) REUTERS (Tobias Schwarz / Reuters)

Auch eine Aufhebung der Verjährungsfristen für NS-Raubkunst sei notwendig. "Es gibt keine Verjährung für die Morde der Nazis. Warum soll es eine Verjährung für ihre Raubzüge geben?", so Lauder. "Die gestohlenen Werke sind die letzten Gefangenen des Zweiten Weltkriegs."

Lauder schlug die Gründung einer Kommission vor, die die Museen überprüft, nach Opfern und deren Erben sucht und gerechte Entschädigungen anbietet. "Eine solche Kommission braucht aber Zähne und die Befugnis, die Bestände aller Museen zu durchforsten." Der Weltkongress sei im Besitz von Dokumenten zum Verbleib der geraubten Werke. "Wir wissen, wo die gestohlene Kunst ist - aber die Bundesrepublik weiß es auch". Der Weltkongress sei bereit, seine Information und Experten zur Verfügung zu stellen.

Die neue Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hatte sich am Mittwoch für ein Zentrum für die Suche nach NS-Raubkunst ausgesprochen. Die entsprechenden Bundesmittel sollten verdoppelt werden. "Ich finde es schlicht unerträglich, dass sich immer noch Nazi-Raubkunst in deutschen Museen befindet", hatte Grütters gesagt.

"Museen und Behörden spielen auf Zeit"

Lauder kritisierte, dass die Untätigkeit der Museen immer wieder mit Geldmangel begründet werde. "Man braucht nicht soviel Geld, um herauszufinden, was man zwischen 1933 und 1945 bekommen hat", sagte der WJC-Präsident. Museen und Behörden spielten vielmehr auf Zeit. "Sie hoffen, dass das Thema irgendwann vergessen wird." Auch viele Privatleute seien im Besitz von Raubkunst. "Sie wollen sie einfach nicht zurückgeben."

(APA/dpa)

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