"Zahnpasta-Terror" in Sotschi: Festnahmen in Österreich?

Die Sicherheitslage bei den olympischen Spielen ist angespannt. Terrorismus-Spuren führen bis nach Österreich.
Die Sicherheitslage bei den olympischen Spielen ist angespannt. Terrorismus-Spuren führen bis nach Österreich.(c) imago/ITAR-TASS (imago stock&people)
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Terroristen planten angeblich, Sprengstoff in Jets Richtung Sotschi zu schmuggeln. Die Spur führt nach Wien.

Wien. „USA warnen vor Zahnpasta-Terroristen.“ Was wie die Schlagzeile eines Satiremagazins klingt, basiert auf einer ernst zu nehmenden Terrorwarnung: Die US-Behörden haben, einen Tag vor Beginn der Olympischen Spiele in Sotschi, zahlreiche Fluglinien gewarnt, dass Terroristen versuchen könnten, Sprengstoff in Zahnpastatuben versteckt an Bord von Flugzeugen zu schmuggeln. Von Flugzeugen Richtung Sotschi.

Eine Spur führt dabei zur tschetschenischen Diaspora in Wien, wie der US-Sender CBS berichtete: Im Zug von Ermittlungen zu einer terroristischen Gruppe, die Pläne aushecke, Sprengstoff in Flugzeuge zu bringen, seien in Österreich und Frankreich weibliche Verdächtige aus Tschetschenien verhaftet worden, so der Bericht. Während die Festgenommenen in Frankreich offenbar noch in Haft seien, habe man diejenigen in Österreich „aus Mangel an Beweisen“ freigelassen. Der Konkurrenzsender ABC berichtete von zwei in Frankreich festgenommenen Frauen und „mehreren Verhaftungen“ in Österreich, alle Verdächtigen seien wieder frei.
Wie „Die Presse“ aus Kreisen der tschetschenischen Diaspora erfuhr, hat es in Wien tatsächlich fünf Festnahmen gegeben. Es habe sich dabei allerdings ausschließlich um Männer gehandelt, alle fünf seien mittlerweile wieder in Freiheit.

Im Wiener Innenministerium dementiert man – aber nicht komplett: „In dieser Form entspricht der Bericht nicht den Tatsachen“, sagt Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck: „Es gibt in Österreich keine Ermittlungsergebnisse in Zusammenhang mit geplanten Sprengstoffanschlägen.“ Wenn es Verhaftungen gegeben habe, dann nicht in diesem Kontext, heißt es aus dem Ministerium. Ermittlungen gegen in Österreich lebende Tschetschenen gebe es immer wieder.
Die heikle Sicherheitslage rund um die Spiele hat auch ausländische Sicherheitsbehörden auf den Plan gerufen: Am meisten von der bedrohten Sicherheit in Sotschi redeten die USA. Sie haben wie angekündigt vor wenigen Tagen zwei Kriegsschiffe im Schwarzen Meer vor dem russischen Küstenort stationiert. An Bord befinden sich laut russischer Nachrichtenagentur Interfax „mehr als 600 Spezialeinsatzkräfte der Kriegsmarine“.

In Österreich größte Diaspora

Anfang Jänner hatten die USA angegeben, der russischen Regierung Unterstützung bei der Sicherung der Spiele angeboten zu haben. Das FBI wolle Dutzende Agenten nach Sotschi und Moskau schicken, um die Sicherheit zu verstärken. Die Bundespolizei arbeite dafür auch mit den russischen Geheimdiensten zusammen, sagte FBI-Direktor James Comey in der „Washington Post“. Die Sicherheit bei Olympischen Spielen sei eine „gewaltige Herausforderung“.
Ob auch österreichische Sicherheitsbehörden den Russen eine Zusammenarbeit angeboten haben oder darum gebeten worden sind, wurde bisher nicht bestätigt. Es ist als wahrscheinlich anzunehmen.

Immerhin lebt in Österreich mit etwa 25.000 Personen die größte ausländische Diaspora an Flüchtlingen aus Tschetschenien, das lange Zeit als Terrorherd innerhalb Russlands galt. Heute gilt die Nachbarrepublik Dagestan als gefährlichstes Rückzuggebiet radikaler Islamisten. Die zweitgrößte tschetschenische Diaspora lebt in Frankreich. Dass es innerhalb der Diaspora auch Sympathisanten eines radikalen islamistischen und separatistischen Lagers im Nordkaukasus gibt, gilt als erwiesen.

Zuletzt waren in der südrussischen Stadt Wolgograd Ende Dezember bei Anschlägen 34 Menschen getötet worden. Seither wurden die Sicherheitsvorkehrungen deutlich verschärft. In russische Flugzeuge dürfen außer Medikamente nur Flüssigkeiten im Volumen von weniger als 100 Millilitern mitgenommen werde.

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