Haft für heimische Bauern in Ungarn?

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Orbán erklärt die lebenslangen Nutzungsverträge österreichischer Bauern für illegal und droht allen Vertragspartnern mit Gefängnisstrafen. Ungarische Verkäufer kommen unter Zugzwang.

Wien/Budapest. Genau zwei Monate vor den Wahlen verschärft Ungarn die Gangart gegen österreichische Bauern im Land. Die rechtskonservative Regierung Viktor Orbáns boxte im Parlament gemeinsam mit der rechtsextremen Jobbik ein Gesetz durch, das Ausländer, die das seit 1994 geltende Landkaufverbot für Nichtungarn umgehen, mit bis zu fünf Jahren Haft bedroht.

Einen ähnlichen Vorstoß unternahm die Regierung schon im Vorjahr. Damals ging es allerdings nur um jene Österreicher, die sich über sogenannte Taschenverträge illegal ungarische Äcker gesichert hatten. Diesmal sollen auch all jene strafrechtlich verfolgt werden, die in Ungarn über Nießbrauchsverträge langfristig Grund und Boden pachten, berichtet die regierungsnahe Zeitung „Magyar Nemzet“. Hintergrund ist ein neues Bodengesetz, das es Ausländern ab Mai 2014 quasi unmöglich machen soll, ungarisches Land zu kaufen. Bis dahin sorgt ein Moratorium der EU dafür.

Ungarn sollen Partner verraten

Nach Schätzungen des österreichischen Landwirtschaftsministeriums sind rund 200 heimische Bauern in Ungarn tätig – die Mehrzahl von ihnen sind Großgrundbesitzer. Wer vor 1994 zugegriffen hat, hat nichts zu befürchten. Bis dahin war der Landkauf für Ausländer erlaubt. Aber auch danach fanden viele (oft österreichische) Investoren Wege, um das Gesetz zu umgehen.

Einer davon ist der umstrittene Taschenvertrag. Hier kauft ein Ungar als Strohmann für den Investor die Ackerflächen. Der Ausländer bezahlt und erhält dafür einen Vertrag, der ihn – sobald sich die Gesetzeslage ändert – zum Eigentümer macht. Diese Verträge sind und waren stets illegal. Anders verhält es sich mit den Nießbrauchsverträgen. Diese sind lediglich sehr langfristig abgeschlossene und im Voraus bezahlte Pachtverträge, die weder geheim noch illegal sind, wie ein ungarisches OGH-Urteil belegt. Sie werden ab Mai für nichtig erklärt, wünscht die Regierung, die auch darin nur eine Umgehung des geltenden Kaufverbots sieht.

Mit dem neuen Gesetz erhöht sie den Druck auf die ungarischen Partner der österreichischen Landwirte. Auch ihnen drohen künftig bis zu fünf Jahre Haft. Alle betroffenen Ungarn, die sich innerhalb der nächsten 60 Tage melden, dürfen mit Straffreiheit rechnen – und „ihren“ Grund und Boden behalten, so der Bericht. Wird das Geschäft erst später bekannt, riskiere der ungarische Eigentümer nicht nur ein Strafverfahren, er müsse auch den Grund an den Staat abgeben.

„Ansätze für Lösung“?

Die Reaktionen aus Österreich fielen eher zurückhaltend aus. Sowohl das Landwirtschaftsministerium als auch die heimische Botschaft in Ungarn wollten noch nicht zu dem neuen Gesetz Stellung nehmen. Noch sei es nicht vom Parlamentspräsidenten unterschrieben und daher nicht öffentlich gemacht, heißt es. Da auch der ungarische Staatspräsident noch seinen Sanktus geben müsse, könne es bis zur endgültigen Veröffentlichung noch Wochen dauern. Dann werde man genau prüfen, ob das Gesetz eine Gefahr für die heimischen Bauern darstelle, heißt es aus dem Ministerium. Die grundsätzliche Haltung der Regierung habe sich nicht geändert. Österreichischen Bauern, die legal in Ungarn tätig sind, dürfe kein Nachteil entstehen.

Groß sind die Erfolge der diplomatischen Bemühungen bisher nicht. Ein geplanter Termin des VP-Landwirtschaftsministers, Andrä Rupprechter, mit seinem ungarischen Amtskollegen ist kürzlich geplatzt. Seinen Plan, über Brüssel Druck auf das Nachbarland aufzubauen hat Rupprechter vorerst fallen gelassen. Möglicherweise gebe es im Gesetz auch „Ansätze für eine Lösung“, ließ er verbreiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2014)

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Kommentare

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