Hausgeschichten: Hotel Imperial

Das Hotel Imperial öffnet sich von innen. Café, Restaurant und Salon wurden redesignt. Und neue bauliche Strukturen lassen den geschlossenen Eindruck weichen.

Die imperiale Größe war immer wieder Anlass für kleine Scherze: Alfred Hitchcock etwa erzählte den Medien, er hätte in der Suite seine Frau verloren und erst später hinter einer Säule wiedergefunden. Rod Stewart hinterließ im Gästebuch den Eintrag, sein Gemach sei „a little bit on the small side“. Die Wahrheit liegt in der Mitte: Die Räumlichkeiten in den oberen Etagen dieses Ringstraßenpalais aus den Jahren 1863–66 sind groß genug, um Monarchen, Staatsoberhäupter und Celebrities mitsamt Entourage aufzunehmen, aber doch so maßvoll, um keine Agoraphobie auszulösen. Sogar die junge Queen Elizabeth, die ob ihrer Unterbringung in einem Hotel statt in einem Gästehaus der Regierung zuerst irritiert war, verabschiedete sich von den Mitarbeiten mit kleinen Geschenken.

Im Parterre wirkte das Haus lange anders als in der Beletage mit sieben Metern Raumhöhe: kleinteiliger, verwinkelter. Vielleicht sogar hermetisch. Jedenfalls bis zur ersten großen Umbauphase durch die Starwood-Gruppe im Vorjahr. So locker schneite ein Passant früher nicht herein, den Anteil der Wiener Stammgäste schätzt Direktor Klaus Christandl auf 25 Prozent: „Erstens sind in diesem Teil der Ringstraße nicht so viele unterwegs. Zweitens war das Imperial optisch immer ein sehr abgeschlossener Bau, was einem natürlich zugute kommt, wenn man seit 150 Jahren Staatsbesuche unterbringt. Einen allein stehenden Block kann man leichter überblicken und sichern. Aber der Weg durch die Drehtür und vorbei am Portier löst auch Schwellenangst aus.“ Wenn dann noch (selbst außerhalb der Gastgartensaison) die Markisen heruntergezogen waren, wirkte das Haus „wie hinter einem Vorhang“, meint Christandl.

Seit dem Vorjahr wird diese Geschlossenheit in der Erdgeschoßzone sukzessive aufgelöst: Der Besucher muss bald nicht mehr durch die Lobby, um das Café und das Restaurant zu besuchen, sondern kann auch von der Ringstraße und einer Seitengasse eintreten und landet dann auch nicht zwischen Garderobehaken, sondern in dem vom britischen Architekten Alex Kravetz redesignten Café – mit einem moderneren und einem traditionelleren Teil – sowie einem von Josef Hoffmann inspirierten Speiseraum namens Opus. „Die bauliche Struktur hatte vorgegeben, dass das Kaffeehaus im Ostflügel und das Restaurant im Westflügel lag“, erklärt Christandl die innere Strenge des quadratischen Gebäudes, die sich deutlich auf die Nutzung auswirkte.

Räume tauschen, Blicke öffnen

Da die gastronomischen Teile fast unabhängig voneinander agierten, gab es auch kaum Überschneidungen bei den Gästen. Und manche Hotelgäste nahmen das Angebot im Haus nicht wahr, weil es ihnen nicht ins Auge sprang. Jetzt aber schließt das Restaurant an das Café an, getrennt von Glaswand, Gang und einsehbar vom Eingangsbereich. Auch die kleine Bar wanderte in einen größeren zentralen Bereich, in den Hallensalon, der früher erstaunlicherweise wenig genutzt wurde, obwohl er das plüschige (und nun von Kravetz neu gestaltete) Herzstück des Gebäudes bildete. Als Durchgang diente dieser kaum, denn von der Rückseite des Imperial führt nur eine kleine Tür auf die Straße, durch die Musiker und Konzertbesucher hinüber zum Musikverein schlüpfen können. Auch dieser Zugang werde vergrößert, kündigt Christandl an. Damit betont das Gebäude seine Mittelachse stärker.

Vom Eingang trabten einst die Pferdefuhrwerke herein, drehten im Innenhof um, die Bewohner entschwanden über die Fürstenstiege. Das Haus war ja nicht immer Hotel. Prinz Philipp von Württemberg ließ sich dieses Palais an die neue Ringstraße setzen. Lange währte seine Freude an dem repräsentativen Bau (Architekt Arnold Zanetti, Baumeister Heinrich Adam) nicht, wie Eva Gogala in ihrem Buch über „Die Wiener Grandhotels und ihre Gäste“ (Metro Verlag) schreibt: Denn die in Wien wenig beliebte Durchlaucht „behauptete, ursprünglich sei ihm zugesichert worden, er könne durch seinen Garten ungestört bis zur Karlskirche spazieren, doch nun habe ihn die Stadtverwaltung – wie empörend – die Bösendorferstraße direkt an sein Haus gebaut. Er verkaufte und zog in die Vorstadt ins Palais Strudlhof.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2014)

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