Bründlmayer: „Wir sind kein Produkt für Multimillionäre“

Willi Bründlmayer
Willi Bründlmayer(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Winzer Willi Bründlmayer erzählt, warum er seinen Nachbarn gern Grundstücke abkauft, Preiserhöhungen schwer durchzusetzen sind und sehr reife Weine aus Prinzip nur kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Die Presse: Herr Bründlmayer, was sagen Sie zur Sektsteuer? Ihre Kollegen von Schlumberger haben ja bereits mit Abwanderung gedroht.

Willi Bründlmayer: Man hat die Steuer mit dem Argument abgeschafft, dass ihre Verwaltung mehr kostet, als sie an Einnahmen bringt. Und jetzt führt man sie wieder ein. Das ist unverständlich für mich. Mit meinen Weingärten kann ich natürlich nicht abwandern. Wir müssen also damit leben, egal, was kommt.

Aber bei Ihrem Sekt wird das wohl nicht ins Gewicht fallen. Er ist von Haus aus teurer als manch anderer.

Ich finde unseren Sekt im internationalen Vergleich nicht teuer, irgendwann ist für den Konsumenten aber die Schmerzgrenze erreicht.

Also sind Ihre Kunden nicht weniger preisempfindlich?

Ich glaube nicht. Jeder schaut, dass er am Ende des Monats zurechtkommt. Wir sind ja kein Produkt für Multimillionäre. Jeder, der normal arbeitet, kann am Wochenende einmal eine Flasche Bründlmayer Brut aufmachen. Aber vielleicht lagern wir den heuer geernteten Sekt auch so lange, bis die Sektsteuer wieder abgeschafft wird.

Sie haben das Weingut 1981 von Ihren Eltern übernommen. Haben Sie viel verändert?

Unser Betrieb ist seither langsam und organisch gewachsen. Es war mir ein Anliegen, natürliche Methoden im Weinbau einzuführen. Ich wollte von Dünge- und Spritzmitteln, wie sie in den 1960ern und 1970ern modern wurden, schnellstmöglich wieder wegkommen.

Damit waren Sie damals doch fast ein Pionier.

Ja, das kann man schon sagen, zumindest im Weinbau.

Woher kam diese Idee?

Ich habe eine Tendenz zur Industrialisierung der Landwirtschaft gesehen, vor allem die zunehmende Verwendung von chemischen Düngemitteln statt, wie früher, Kompost. Diese Entwicklung hat mir nicht gefallen. Außerdem waren mir die Folgen schon damals klar: Wenn man dem Boden keinen Kompost mehr zuführt, dann wird er langfristig seine Fruchtbarkeit verlieren.

Expandieren wollten Sie nicht?

Ich fand immer, dass unser Weingut die ideale Größe hatte. Wir haben einen einfachen leichten Wein zum Mittagessen und können auch hochqualitativen Lagenwein anbieten. Wir können mit unseren Trauben aus dem Vollen schöpfen. Gleichzeitig hat das Weingut eine Größe, bei der man jedes Fass und jeden Wein persönlich kennt. Weil aber immer wieder Winzer in Pension gehen und keinen Nachfolger finden, sind im Lauf der Jahre einige Weingärten hinzugekommen.

Wenn Ihnen jemand Grund anbietet, schlagen Sie immer zu?

Wenn es ein direkter Nachbar ist und die Lage gut ist, fällt es schwer, Nein zu sagen.

Das Geld für solche Zukäufe haben Sie stets parat?

Ja. Es gibt immer einen Liquiditätspolster im Betrieb.

Horten Sie Geld?

Für das Auf und Ab des Jahres ist es wichtig, dass man seine Rechnungen bezahlen kann und auch auf allfällige Katastrophen vorbereitet ist. Aber wir horten kein Geld.

Apropos Katastrophen: Als Winzer ist man immer Wind und Wetter ausgesetzt. Gewöhnt man sich daran?

Wenn im Sommer Gewitterwolken aufziehen, macht man sich natürlich schon Sorgen. Man wird dann daran erinnert, dass man der Natur ausgesetzt ist. Wir haben aber Glück, weil unsere Weingärten über Langenlois verstreut sind. So ist nie unser gesamter Wein von Hagelschäden betroffen, sondern immer nur ein Teil. Einmal, 1990, da hat uns der Hagel sehr getroffen.

Legen Sie Geld für solche Situationen beiseite?

Wir sind hagelversichert. Aber es ist bitter, wenn wir Kunden, die wir seit Generationen beliefern, dann nicht mehr beliefern können. Das ist die eigentliche Katastrophe. Insofern ist eine gewisse Lagerhaltung sehr wertvoll, damit man etwas überbrücken kann. Das Geld nach einem Versicherungsschaden ist nur ein schwacher Trost.

Können Sie Ihre Weine nicht einfach teurer machen, wenn die Ernte geringer ausfällt?

Das ist eigentlich nicht möglich, weil unsere Kunden Stabilität erwarten. Anders ist das in Bordeaux. Dort wird jeder Jahrgang neu bewertet. Bordeaux-Weine gehen häufig nach China oder Russland. Dort wird dieses spekulative Element gern aufgenommen. Man freut sich, wenn ein Wein exorbitant teuer ist. Das hat ja auch etwas mit sozialem Prestige zu tun. Dieser Teil des Markts wird von uns überhaupt nicht bedient. Wir wollen an jene Leute verkaufen, die zum Essen gern eine gute Flasche Wein trinken und an einem korrekten Preis-Leistungs-Verhältnis interessiert sind.

Sie exportieren gar nicht nach Russland oder China?

Doch. Aber dort sind wir bei Weitem nicht so erfolgreich wie jene Winzer, die sehr teure Weine verkaufen. Weintrinker in diesen Ländern lernen den Wein oft über die preisliche Spitze kennen, und diese decken wir nicht ab. Erst wenn man all die teuren Weine kennt, neigt man dazu zu schauen, was einem sonst noch schmeckt. Und da kommen wir dann irgendwann dran.

Warum läuft der Weinkonsum in diesen Ländern über den Preis?

Der Konsument nimmt zunächst an, dass das Teuerste auch das Beste ist. Das stimmt ja auch in gewisser Weise. Aber wer diesen versnobten Anspruch nicht will oder braucht, der greift nicht immer zum allerteuersten Wein.

Und wie halten Sie es mit der Geldanlage?

Unser Schatz sind die Weingärten. Ein Weingut bietet unendliche Möglichkeiten. Es fallen einem immer Verbesserungen ein. Beim Thema Sekt wäre es das Ziel, neben dem jetzigen Brut auch eine Brut Reserve anzulegen, die zehn Jahre gelagert wird.

Wie sieht es mit Ihrem Vermögen im Keller aus?

Dort lagern rund 500.000 Flaschen.

Wie alt ist der älteste Wein in Ihrem Keller?

Er ist aus dem Jahr 1947.

Wie viel ist er wert?

Das wissen wir nicht. Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen.

Aber wenn Sie ihn verkaufen, was würden Sie verlangen?

Wir verkaufen ihn nicht. Wir stellen reife Jahrgänge jungen Sommeliers kostenlos für die Ausbildung zur Verfügung.

Das heißt, Sie bedauern es nicht, dass alte Jahrgänge getrunken werden?

Nein. Man sollte Wein trinken.

Gönnen Sie sich etwas, abgesehen von gutem Wein?

Der größte Luxus für mich ist Freizeit. Bei schönem Wetter einmal nicht zu arbeiten, sondern spazieren zu gehen.

Haben Sie denn viel Zeit?

Die muss man sich nehmen. Bei unserem Beruf glaubt man, dass man immer etwas zu tun hat. Da muss man zu sich selbst auch einmal Nein sagen, das Handy abschalten und keine E-Mails lesen.

Haben Sie das von Anfang an so gehalten?

Nein, Auszeiten muss man erst entdecken.

Ihr Sohn ist schon ins Unternehmen eingestiegen. Können Sie sich vorstellen, sich ganz zurückzuziehen?

Dass ich die reifen Trauben bei der Ernte einmal nicht begutachte, kann ich mir schwer vorstellen. Dass ich Verantwortung abgebe, schon. [ Clemens Fabry ]

ZUR PERSON

Willi Bründlmayer (*1952) übernahm Anfang der Achtzigerjahre das Weingut seiner Eltern im niederösterreichischen Langenlois. Mittlerweile zählt der studierte Volkswirt zu den bekanntesten österreichischen Winzern, für seine Weine hat er zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Bründlmayer ist Gründungsmitglied der Traditionsweingüter Österreichs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2014)

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