Auch hierzulande dürften Aktivisten des „Kaukasus Emirats“ aktiv sein. Meistens geht es dabei um logistische Hilfe für das Islamisten-Netzwerk.
Wien. Europa sei ein „Logistik- bzw. Rekrutierungsraum“ für das islamistische Kaukasus-Emirat, notiert der Verfassungsschutzbericht 2012. Bezüglich der Tätigkeiten des Kaukasus-Emirats verfolgten österreichische Sicherheitsbehörden seit Herbst 2013 eine konkrete Spur: Mehrere Tschetschenen, die der Mitgliedschaft im Netzwerk des tschetschenischen Rebellenführers Doku Umarow verdächtigt wurden, hätten einen Bombenanschlag während der Olympischen Spiele in Sotschi geplant. Umarow hatte im Sommer mit Anschlägen gegen das Großereignis gedroht. Die Erstinformation wurde den österreichischen Behörden vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB übermittelt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) begann zu ermitteln. Eine Bombe „made in Austria“ bei dem internationalen Sportevent wäre zweifelsohne eine Tragödie – und eine Blamage für den österreichischen Geheimdienst.
Wie die „Presse“ in ihrer Sonntagsausgabe ausführlich berichtete, fanden Ende Jänner mehrere Hausdurchsuchungen bei tschetschenischen Asylwerbern und Flüchtlingen in diesem Zusammenhang statt. Dabei wurden Mobiltelefone, Computer und weitere persönliche Gegenstände konfisziert. Sprengsätze oder Materialien, die für den Bau von Bomben dienen, fand man nicht.
Die Betroffenen, die gegenüber der „Presse“ ihre Version der Geschichte öffentlich machten, wurden nach mehrstündigen Befragungen noch am selben Tag freigelassen. Sie streiten ab, jemals einen Anschlag geplant zu haben oder Mitglieder des „Kaukasus-Emirats“ zu sein. So erklärte etwa Ajub M., einer der Beschuldigten, er wolle einfach in Frieden mit seiner Familie leben. Er zähle sich selbst zu den „ganz normalen“ Flüchtlingen – ohne politische Ambitionen. Der 28-jährige anerkannte Flüchtling, nach eigenen Angaben bekennender Muslim, sagt: „Ich verfolge keinen Fanatismus. Wenn ich politisch aktiv sein wollte, wäre ich in Tschetschenien geblieben.“ Die Behörden beobachteten Ajub M.s Aktivitäten in den vergangenen Wochen jedenfalls genau – wie die von fünf weiteren Tschetschenen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) alle zu einer „Gruppierung“ zählte. Ajub M. unternahm im Dezember 2013 eine dreitägige Reise mit dem Bus nach Straßburg. Laut dem Verdacht der Behörden traf er dort „Personen aus dem islamistisch-extremistischen Umfeld des Emirat Kaukasus“.
Ajub M. bestreitet dies: Er habe nur den Bruder seines Freundes Alihan M. besucht. „Ich habe das Busticket auf meinen Namen gekauft – das ist nicht sehr konspirativ.“ Auch der Vater von Alihan M., Schaichi M., wehrt sich gegen den Verdacht des BVT: „Diese Anschuldigungen gegen meinen Sohn sind unglaublich.“
„Kein Kommentar“ zu Ermittlungen
Aus dem Innenministerium sind nach wie vor keine weiteren Details zu den Vorwürfen zu erhalten. Sprecher Karl-Heinz Grundböck verwies auf die „laufenden Ermittlungen“.
Sicherheitsbehörden hierzulande sind seit Längerem besorgt über die Aktivitäten des Kaukasus-Emirats hierzulande. Es geht dabei vor allem um logistische Unterstützung – meistens das Sammeln von Geld. 2011 wurde in 51 Fällen wegen Verdachts der Terrorismusfinanzierung ermittelt.
In Österreich wurde im Jahr 2010 ein mutmaßlicher Aktivist von Umarows Netzwerk verhaftet, der in Belgien aufgrund des Verdachts der Anschlagsplanung gesucht wurde. Er wurde 2011 an Belgien ausgeliefert und später wieder freigelassen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2014)