Causa Stantejsky: Gefälschte Unterschriften an der Burg?

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Der Bericht der Wirtschaftsprüfer wird heute dem Aufsichtsrat des Burgtheaters vorlegt. Er belastet die frühere Kaufmännische Direktorin Silvia Stantejsky sehr.

Die heutige Sitzung des Burgtheater-Aufsichsrats wird keine wie jede andere, so viel steht schon vor Beginn fest. Den Mitgliedern wird nämlich der forensische Zwischenbericht zur Causa Silvia Stantejsky präsentiert. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG war nach der Entlassung der Stellvertreterin von Matthias Hartmann mit einer Sonderprüfung beauftragt worden. Konkret wurden die letzten drei vollen Geschäftsjahre (1.9. 2010 bis 31.8. 2013), für die sie als Kaufmännische Direktorin verantwortlich war, untersucht. Die Ergebnisse sollen – so die Information der „Presse“ – die Entlassene schwer belasten. Für sie gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

Ein zentrales Ergebnis: Die Kassa dürfte ein wichtiges Instrument gewesen sein, Liquiditätsengpässe auszugleichen. Die Prüfer sollen an der Richtigkeit sowohl der Kassabucheinträge als auch der vorliegenden Belege Zweifel haben. Demnach dürfte Stantejsky immer wieder Löcher zu bestimmten Zeitpunkten oder Stichtagen zu stopfen versucht haben. So hat es in den letzten drei Jahren jeweils am 30. und 31.8. hohe Einzahlungen in die Kassa gegeben. Dem Anschein nach hat sie versucht, mithilfe von gefälschten Belegen die Burgtheater GmbH besser dastehen zu lassen, als das tatsächlich der Fall war.

Gefälschte Belege und Unterschriften?

Ein Beispiel: Nach einer Auflistung von Stantejsky selbst wurden in den letzten Augusttagen 2012 insgesamt 176.502 Euro von ihr und anderen Mitarbeitern des Burgtheaters in die Kassa eingezahlt. Das Heikle an der Sache ist jedoch, dass manche dieser Mitarbeiter bestreiten, dass die Unterschrift auf den vorgelegten Belegen überhaupt ihre sei. Weiters stellen einige der Gesprächspartner in Abrede, solche Transaktionen überhaupt veranlasst zu haben. Auch scheint nicht klar zu sein, woher diese eingebrachten Mittel überhaupt stammen. Offen ist, ob sie diese Zahlungen aus ihrer privaten Tasche geleistet hat, oder ob es sich dabei um Vermögen von engagierten Künstlern handelt. Denn Stantejsky hat laut Erkenntnis der tätigen Wirtschaftsprüfer Künstlern auch immer wieder angeboten, deren Vermögen treuhänderisch zu verwahren und buchhalterische Aufgaben für sie zu erledigen.

Laut den Unterlagen der Hartmann-Stellvertreterin will diese zwar den genannten Betrag im Oktober und November fast vollständig wieder an die betroffenen Mitarbeiter zurückgezahlt haben; daran können sich die Betroffenen allerdings nicht erinnern. Die Forensiker hingegen steht der Verdacht im Raum, dass dem Burgtheater in diesen Monaten flüssiges Geld ohne Erklärung und mithilfe von falschen Belegen abhandengekommen ist. Und das nicht nur 2012, auch in den Jahren 2011 und 2013 konnte derselbe Verhaltensmodus – hohe Bareinzahlungen am Ende des Geschäftsjahres und wenige Monate später Auszahlungen in derselben Höhe – festgestellt werden. Wie hoch die Schadenssumme ist, konnte bis dato nicht beziffert werden.

Ein weiterer brisanter Punkt im Zwischenbericht betrifft das Akonto-System des Burgtheaters. So soll es absolut üblich gewesen sein, dass Honorare mittels Akonto geleistet wurden. Allerdings konnte nicht immer nachvollzogen werden, ob es für diese Zahlungen auch tatsächlich eine vertragliche Grundlage gab. Für die Geschäftsjahre 2011, 2012 und 2013 sollen den Empfängern der Honorare unter dem Strich etwa 129.000 Euro zu viel ausbezahlt worden sein. Die Wirtschaftsprüfer konnten auch hier nicht nachvollziehen, wie es dazu kam. Dem Burgtheater lagen nämlich zu diesen Verbindlichkeiten weder Verträge noch Honorarnoten vor. Die beschriebene Vorgangsweise, so das Fazit der Wirtschaftsprüfer, habe den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung widersprochen. Die unterjährige Finanzberichterstattung habe überdies ein falsches Bild von der wahren finanziellen Lage der Burg gezeichnet.

Bleibt die Frage, was der Aufsichtsrat und der Künstlerische Direktor Matthias Hartmann von all dem bemerkt haben oder zumindest hätten bemerken können. Der Bericht soll bescheinigen, dass seine Stellvertreterin mit Auskünften sparsam umgegangen ist. Mitarbeiter, egal welcher Hierarchiestufe, sollen gerade nur so viel Information bekommen haben, wie für die Erfüllung des anstehenden Auftrages notwendig war. Stantejskys System habe es daher den Beteiligten schwer gemacht, ein wirksames internes Kontrollsystem in Unternehmen zu verankern.

Man darf gespannt sein, wie Hartmann, der nach der Rückkehr von seinem Skiurlaub mit den Ergebnissen des Berichts konfrontiert worden ist, reagieren wird. Er hat Silvia Stantejsky stets als Freundin bezeichnet. Der Aufsichtsrat muss sich schon morgen über das weitere Prozedere in der Causa Stantejsky einig werden.

Und was macht eigentlich Silvia Stantejsky? Letzten Donnerstag etwa kam sie ins Burgtheater, um an einer Besprechung im Erzherzog-Zimmer teilzunehmen. Was die Entlassene noch im Burgtheater zu tun hat? Georg Springer: „Ich weiß davon nichts! Ich kann mir das gar nicht vorstellen! Jedenfalls wäre es mir in der gegenwärtigen, rechtlich ungeklärten Situation völlig unverständlich, wenn sie noch das Haus betritt.“

ZUR PERSON

Silvia Stantejsky (*1955) arbeitete seit 1980 am Burgtheater. Unter Direktor Matthias Hartmann wurde sie zur kaufmännischen Direktorin. Im Frühjahr 2013 hat Stantejsky bekannt gegeben, künftig nicht mehr für diesen Posten zur Verfügung zu stehen. Der Jahresabschluss 2011/12 wies einen Fehlbetrag von 3,7 Millionen Euro aus. Im November wurde sie von Hartmann entlassen, nachdem die Wirtschaftsprüfer unerklärbare Irregularitäten bei der Gebarungsprüfung festgestellt hatten. Stantejsky hat die Entlassung am Arbeits- und Sozialgericht angefochten. Im Zuge einer externen Prüfung sollen Wirtschaftsprüfer den Sachverhalt klären.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2014)

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