Dominik Graf: „Schiller war Goethe suspekt“

GERMANY BERLIN FILM FESTIVAL 2014
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Graf zu „Die geliebten Schwestern“, erstrebenswerte Diskretion in der Liebe und das schwierige Verhältnis zweier Genies.

Wie gingen Sie bei der Recherche zu Schiller und den Lengefeld-Schwestern vor?

Dominik Graf: Erst habe ich Bücher über Schiller und die Schwestern gelesen, entlang der etablierten Fakten habe ich das Drehbuch konstruiert: Was ist anhand von Aufzeichnungen über die Entwicklung der Beziehungen nachweisbar, was gilt als wissenschaftlich erwiesen. Viel Material aus erster Hand gibt es dabei nicht – die drei wahrten eine gewisse Diskretion. Caroline von Lengefeld hat noch kurz vor ihrem Tod fast alles verbrannt, was es an Briefen, Billetts usw. gab. Mir gefiel das sehr gut als Ausgangspunkt, weil ich Diskretion in der Liebe unter berühmten Menschen erstrebenswert finde.

Wie war Ihr Zugang zum Stoff?

Ich hatte folgende Mischung vor Augen: Im Hintergrund etwas Jane Austen, wegen der Heiratsmarktgeschichten, gemäß den Gepflogenheiten der Zeit: Ehen mit wohlhabenden Männern sollden die Geldprobleme der Schwestern lösen. Im Vordergrund die Geschichte dreier Menschen, die einander von Herzen zugetan sind und sich ernsthaft bemühen, ohne die üblichen Beziehungsbanalitäten wie Eifersucht miteinander zu leben.

Und zum Porträt der Weimarer Klassik?

Der Weimarer Kontext ergab sich mehr als dass ich ihn suchte. Goethe musste auftauchen, er hängt wie ein Schatten über der Liebesgeschichte: Schiller hat sich immer mit Goethe gemessen, dieser behandelte ihn aber nachlässig: Goethe war Schillers ganzer Sturm-und-Drang-Gestus suspekt. Erst die Zerstörung der bilderstürmerischen Träume, die Desillusionierung durch die französische Revolution brachte sie einander näher.

170 Minuten Laufzeit?

Ich habe mich am Selbstbild der Zeit orientiert, entsprechend gibt es einen anderen Rhythmus: Gefühle brauchen ja auch Zeit. Und früher war diese Länge doch ein gutes Zeichen: „Es war einmal in Amerika“, „The Deer Hunter“, „Heaven's Gate“... (hub)

ZUR PERSON

Dominik Graf (*1952, München) ist bekannt für Filme wie „Die Katze“ und TV-Krimis von „Tatort“ bis „Im Angesicht des Verbrechens“. [ S.Knoll ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2014)

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