In Berlin lief der erste Teil des "Director's Cut" des Kino-Epos. Der Regisseur kokettierte mit seinem Rauswurf in Cannes. Schauspieler Shia LaBeouf zog sich einen Papier-Sack über den Kopf.
Lars von Triers neuer Film wurde am Sonntag auf der Berlinale stürmisch gefeiert. Bei den Internationalen Filmfestspielen wurde "Nymphomaniac Volume I", der 145 Minuten lange "Director's Cut" des erste Teil des zweiteiligen Kino-Epos, außerhalb des Wettbewerbs gezeigt. Nach den ersten knapp zweieinhalb Stunden des Psychodramas aus Sexsucht, Selbsthass und Begierde sprang von Trier am Sonntag auf die Bühne im Berlinale-Palast.
Der erste Film des dänischen Enfant terribles seit dem Rauswurf in Cannes wurde allerorts schon sehnlichst erwartet - und auch wenn der Film keinen Skandal auslösen dürfte, so sorgte zumindest die Ankündigung von expliziten Sexszenen im Vorfeld schon für zahlreiche Debatten und Vorführverbote in manchen Ländern.
In fünf Kapiteln lässt der Regisseur darin seine Hauptdarstellerin Charlotte Gainsbourg ihr Leben rekapitulieren, vom ersten Kennenlernen ihres Körpers als junges Mädchen (im jugendlichen Alter gespielt von Stacy Martin) über die gemeinsamen Sextouren mit einer Freundin und einem rebellischen Mädchenclub (mit dem Leitspruch "Mea vulva, mea maxima vulva") bis hin zum Verhältnis zu Jerome (Shia LaBeouf). Die Geschichten von Gainsbourg werden von Stellan Skarsgard als ihrem Zuhörer immer wieder mit Vergleichen aus der Natur - etwa dem Fliegenfischen - sowie historischen oder literarischen Bezügen unterbrochen.
Nach der Aufführung gab es für den Regisseur lautstarken Jubel. Von Trier sprang auf die Bühne im Berlinale-Palast. Aber lang hielt er es nicht im Scheinwerferlicht aus und rief die anwesenden Darsteller sofort zu sich auf die Bühne: Uma Thurman, Stellan Skarsgard, Stacy Martin und Christian Slater. Charlotte Gainsbourg war nicht zur Weltpremiere gekommen.
LaBeouf zitiert Éric Cantona
Auch LaBeouf, der noch am Nachmittag auf der Pressekonferenz dabei war, erschien nicht auf der Bühne. Auf dem roten Teppich hatte er sich ein Papier-Sackerl mit der Aufschrift "Ich bin nicht mehr berühmt" über den Kopf gestülpt.

Auch sein Verhalten auf der Pressekonferenz hatte für Erstaunen gesorgt. Auf die Frage, wie es denn sei, einen Film mit so vielen Sex-Szenen zu drehen, antwortete der 27-Jährige: "Wenn die Möwen einem Fischerboot folgen, liegt das daran, dass sie glauben, Sardinen würden in den Ozean geworfen." Die Aussage ist ein Zitat des Fußballspielers Éric Cantona, mit dem der Film "Looking for Eric" von Ken Loach schließt.
"Persona non grata"-T-Shirt
Der Regisseur selbst kokettierte mit seinem schlagzeilenträchtigen Rauswurf beim Filmfest Cannes vor einigen Jahren. Beim Photocall am Sonntag trug der 57-jährige dänische Regisseur ein schwarzes T-Shirt, auf dem das Symbol des Filmfestivals Cannes, eine stilisierte Palme, zu sehen war und unter der "Persona non grata" stand. Von Trier spielte damit auf den Eklat von 2011 aus, als ihn das Filmfestival zur Persona non grata, zur unerwünschten Person, erklärt hatte.

Der Regisseur hatte sich damals in einer Pressekonferenz zu seinem Film "Melancholia" in Ausführungen zu seiner teilweise deutschen Herkunft so verheddert, dass er schließlich sagte "Ich bin ein Nazi". Das hatte zu einem Eklat und weltweiten Schlagzeilen geführt. Seitdem äußert sich von Trier kaum noch in der Öffentlichkeit.
Auch bei der Berlinale blieb der Regisseur ziemlich stumm. Zur Pressekonferenz, die nach dem Photocall stattfand, kam von Trier nicht. Stattdessen überließ er seinen Stars aus "Nymphomaniac" das Podium.
(APA/dpa)