Wie Österreich 1153 Syrer "zurückgeschoben" hat

Syrien, Flüchtling
Syrien, Flüchtling(c) REUTERS (STRINGER)
  • Drucken

Sie kommen meist über den Brenner, werden binnen Stunden aufgegriffen und müssen Österreich gleich wieder verlassen. Denn einen Asylantrag stellen die Flüchtlinge vor dem syrischen Krieg nicht. Bloß: warum?

2013 war ein bewegtes Jahr für die Polizei in Tirol. Im Zuge von Schwerpunktaktionen auf den Straßen, Personenkontrollen in Zügen oder auf der Mautstation in Schönberg am Brenner wurden im Vorjahr 1355 illegal eingereiste Menschen aus einem einzigen Land aufgegriffen, wie „Die Presse“ erfuhr. Dieses Land hat seit fast drei Jahren ein blutiger Bürgerkrieg fest im Griff: Die „Grenzgänger“ stammten aus Syrien.

Eine zweite Zahl sorgte am Montag für Aufregung. Wie berichtet, mussten in den ersten elf Monaten 2013 österreichweit 1153 Syrer Österreich kurz nach der Einreise wieder verlassen; sie wurden aber nicht „abgeschoben“, sondern „zurückgeschoben“, wie das Innenministerium betont – und zwar in den allermeisten Fällen eben auf Basis eines Schubabkommens über den Brenner nach Italien. Was in Rom und Bozen für Verstimmung sorgt.

Die Personenkontrollen der Polizei im grenznahen Bereich spielen bei diesen „Zurückschiebungen“ die entscheidende Rolle: Denn eine Voraussetzung ist, dass der Illegale binnen sieben Tagen nach der Einreise in Österreich ertappt wird. Oft dauert es aber nur Stunden. „Es gibt zwar keine Grenzkontrollen mehr, aber eben noch eine Grenze, eine Polizei und Ausgleichsmaßnahmen“, heißt es dazu aus dem Innenministerium.

Doch „Zurückschiebungen“ sind in den allermeisten Fällen nur dann möglich, wenn kein Asylantrag gestellt wird. Doch warum sollten Menschen, die aus einem zerbombten Land über das Mittelmeer nach Österreich kommen, hier nicht auch Schutz suchen? Es könnte auch an Verständigungsproblemen liegen, vermutet die grüne Alev Korun. Sie übt massive Kritik am „Pingpongspiel“ mit den Asylwerbern, die von Land zu Land geschoben würden. Aus dem Innenministerium und Polizeikreisen heißt es dagegen, viele Syrer wollten schlicht nicht nach Österreich: Ihre Zielländer seien Deutschland oder Schweden, wo es große syrische Communitys gibt.

Die syrische Gemeinschaft in Österreich wächst indes kaum, die vom VP-Innenministerium zugesagte Aufnahme von zusätzlich 500 Flüchtlingen kommt nur schleppend in Gang. Seit der Ankündigung im Sommer wurden 179 Syrer aufgenommen, 71 weitere hätten bereits eine Zusage und könnten in den nächsten Wochen kommen, erfuhr „Die Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Residents inspect damage after what activists said were explosive barrels thrown by forces loyal to Syria´s President Bashar al-Assad in the Al-Shaar neighbourhood of Aleppo
Außenpolitik

Frieden in Syrien: Wenig Hoffnung bei neuer Verhandlungsrunde

Der Bürgerkrieg hat bereits bis zu 130.000 Menschen das Leben gekostet. Die Aussichten auf einen raschen Frieden sind schlecht.
Hat seinen Optimismus verloren: UN-Vermittler Lakhdar Brahimi
Außenpolitik

Brahimi: "Wir sind in Syrien gescheitert"

Der UN-Vermittler gab auf der Münchner Sicherheitskonferenz einen Bericdht aus erster Hand wie er es nicht schaffte, das Assad-Regime und die Opposition zu einer Annäherung zu bringen.
Lakhdar Brahimi
Außenpolitik

Syrien-Krieg: Letzte Schlacht für Friedensverhandler Brahimi

Runde eins der Verhandlungen in Genf wurde weitgehend ergebnislos beendet. UN-Vermittler Brahimi ist dennoch vorsichtig optimistisch.
Innenpolitik

Abschiebungen und Schubhaft gehen zurück

Die EU-Erweiterung und Rechtsprechung bewirken Reduktion der Zwangsmaßnahmen. 1153 Syrer wurden im Vorjahr „zurückgeschoben“.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.