Mehr als 200 Rekruten wurden im Karl-Marx-Hof in Wien angelobt. Die Ereignisse von 1934 sollten laut Verteidigungsminister Gerald Klug als Mahnmal gelten.
Wien. Bei Wind, Regen und Kälte knapp eine Stunde lang stillstehen. Und dazu noch von Kameraleuten und Fotografen abgelichtet werden: Mit der Attraktivierung des Wehrdienstes hat das wohl recht wenig zu tun. Trotzdem standen die mehr als 200 Rekruten (und eine Rekrutin) der Garde sowie des Militärkommandos Wien am Mittwochvormittag brav in Reih und Glied.
Ihre Angelobung war dieses Mal ohnehin mehr ein gemeinsames Gedenken als ein feierlicher Anlass. Sie fand am 12.-Februar-Platz in Döbling statt – jenem Ort, an dem sich 1934 blutige Szenen abspielten. „Wir stehen heute hier im Karl-Marx-Hof, wo vor genau 80 Jahren von österreichischen Soldaten – auf den Befehl der damaligen Staatsführung hin – auf die eigenen Bürger geschossen wurde“, sagte Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) in seiner Ansprache an die Uniformierten. Diese Ereignisse sollten „als Mahnmal“ gelten. „Sie müssen uns daran erinnern, alles in unserer Macht Stehende zu tun, damit sich solche Geschehnisse nie wieder ereignen.“
Der einstige austrofaschistische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß hatte zu Ausbruch des Bürgerkriegs den Beschuss von Gemeindebauten, darunter auch des Karl-Marx-Hofes, befohlen. „Das Bundesheer hat aus den Ereignissen längst die richtigen Lehren gezogen“, meinte Klug am Mittwoch weiter. Sie seien nun zur Verteidigung der Demokratie verpflichtet. Auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) erinnerte in seiner Rede an die „Tragödie“ von 1934, die noch immer „Erschütterung und Betroffenheit“ erzeuge. Für ihn heiße aus der Geschichte lernen „nicht zu verhetzen, nicht auszugrenzen“.
Für Faymann war es bereits die zweite Gedenkveranstaltung. Am Dienstag hatte er mit Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) beim Mahnmal der Opfer für ein freies Österreich auf dem Wiener Zentralfriedhof einen Kranz niedergelegt. Es war erst das zweite Mal, dass die Parteien gemeinsam des Bürgerkriegsbeginns gedachten. Die Premiere gab es im Jahr 1964 mit dem damaligen Kanzler Alfons Gorbach (ÖVP) und SPÖ-Vizekanzler Bruno Pittermann.
Kleinere Scharmützel
Ohne kleine Streitereien zwischen den beiden Parteien ging es am Dienstag aber doch nicht ganz. Zum einen war das Dollfuß-Porträt im Parlamentsklub der ÖVP Thema: Die SPÖ will es abhängen, während die Volkspartei überlegt, eine historische Info-Tafel dazuzuhängen.
Zum anderen erboste ein Sager des niederösterreichischen SPÖ-Chef Matthias Stadler die ÖVP: Er ortete „ständestaatliche Ziele“ bei der schwarz-blauen Bundesregierung. Am Abend gab es dann das Dementi: Die Aussage sei so nie gefallen, sondern vom eigenen Pressedienst „überspitzt und sinnverkürzt“ wiedergegeben worden.
Auch die Angelobung im Karl-Marx-Hof fand übrigens nach 1984 zum zweiten Mal an einem 12. Februar statt. Nach den beiden Reden – und Fotos mit den Angehörigen – konnten sich dann auch die Rekruten aufwärmen. Mit einem „militärischen Gulasch“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2014)