Heltau zu Hartmann: "Alle Zahlen auf den Tisch!"

Burgtheater Direktor Matthias Hartmann
Burgtheater Direktor Matthias Hartmann(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Burg-Direktor Matthias Hartmann zeigt sich über das Misstrauensvotum seines Ensembles betroffen. Springer versteht die »Irritation« nur zum Teil.

Am Freitag hat das Ensemble des Wiener Burgtheaters dem künstlerischen Direktor des Hauses und dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Burg, Georg Springer, mit einer großen Mehrheit sein Misstrauen ausgesprochen. In einem Schreiben an Kulturminister Josef Ostermayer weisen die Mitarbeiter der Burg darauf hin, dass für den „finanziell desaströsen Zustand des Hauses“ nicht nur der entlassenen Vizedirektorin Silvia Stantejsky die Schuld zuzuweisen ist. Das Ensemble reagiert damit auch auf eine Aussendung des Aufsichtsrats vom vergangenen Montag: An diesem Tag wurde dem Kontrollorgan erstmals von der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG der Zwischenbericht zur Causa Stantejsky präsentiert. Stantejsky wird darin schwer belastet. Der künstlerische Direktor und der Aufsichtsrat hingegen dürften besser wegkommen, denn der eine wie der andere soll von den umfassenden Malversationen der kaufmännischen Geschäftsführerin nichts mitbekommen haben können. Denn Stantejsky habe, so heißt es in dem Bericht, unter- wie übergeordnete Einheiten nur mit den gerade notwendigen Informationen bedacht, um Aufgaben umzusetzen, also nach einem „Schottenprinzip“ agiert. Unter diesen Bedingungen soll es unmöglich gewesen sein, ein wirksames internes Kontrollsystem zu etablieren.

Doch eben dieser Darstellung will das Ensemble nicht so recht Glauben schenken: „Nicht nur uns, auch der breiten Öffentlichkeit ist bereits klar, dass es nicht möglich und rechtens sein kann, eine Person allein für ein Debakel dieses Ausmaßes verantwortlich zu machen.“ Genau diese Ansicht würden jedoch Direktor Hartmann sowie Aufsichtsratschef Georg Springer sowohl nach außen als auch in der betriebsinternen Kommunikation vertreten, zeigt sich das Ensemble empört.

„Kühlen Kopf bewahren“

Springer, der noch Freitagabend in der „ZiB 2“ reagierte, zeigte für die Haltung des Ensembles nur eingeschränkt Verständnis. Er verstehe die Irritation und die Unsicherheit, aber nicht den Standpunkt des Ensembles, eine Lagebeurteilung, die weder von ihm noch Hartmann stamme, sondern von externen Prüfern, keinen Glauben zu schenken. Er habe „alles andere als eine Freude am Misstrauensvotum des Ensembles“, so Springer. Matthias Hartmann war am Samstag gegenüber der „Presse“ nicht zu einer Stellungnahme bereit. Dem „Kurier“ teilte er am Freitag jedoch schriftlich Folgendes mit: „Die Tatsache, dass ich vielen Ensemblemitgliedern des Burgtheaters nicht in ausreichender Form meine unausgesetzten Bemühungen zur Bewältigung dieser schweren Krise hinreichend klarmachen konnte, macht mich betroffen, und ich nehme das sehr ernst. Gleichzeitig wies Hartmann wieder auf die Geschäftsordnung des Burgtheaters hin, von der er glaubt, dass sie nicht allen in „unserem ruhmreichen Ensemble“ bekannt sei. Diese trenne die kaufmännischen und künstlerischen Bereiche klar. „Ich werde auch weiter alles in meiner Macht Stehende tun, um mithilfe der neuen kaufmännischen Geschäftsführung, der Holding und der Politik die Krise zu überwinden.“

Wie Hartmann diesem Ziel einen Schritt näher kommen kann, dazu hat Michael Heltau, Ehrenmitglied des Burgtheaters, eine klare Vorstellung: „Alle Zahlen, und zwar wirklich alle, gehören endlich auf den Tisch. Das Ensemble und die Öffentlichkeit müssen sich im Detail informieren können, wer was gemacht und wer was bekommen hat.“ Schlichtweg unvorstellbar ist für den Doyen, dass die Gebarung Stantejskys keine Beobachter gehabt haben soll. „Wer das Burgtheater kennt, kann das nicht glauben!“

Umso interessanter ist, dass Stantejsky, als sie von dem Ergebnis der Ensembleversammlung telefonisch erfuhr, sich ganz und gar nicht glücklich darüber gezeigt und sogar deponiert haben soll, sie sei ausdrücklich dagegen, Hartmann das Misstrauen auszusprechen. Heltau zeigt sich darüber sehr verwundert: „Sie sollte uns doch bitte ihre Reaktion erklären! Es ging ja bei der Zusammenkunft nicht um Frau Stantejsky, sondern darum, wie es zu der wirtschaftlichen Schieflage des Hauses kommen konnte.“
Kulturminister Josef Ostermayer will „gerade in schwierigen Zeiten kühlen Kopf bewahren.“ Das sei wichtig, sagte er Freitagabend in einer APA-Mitteilung. Er werde den Endbericht der Wirtschaftsprüfer, der in etwa zwei Wochen vorliegen soll, in der Causa Stantejsky abwarten und dann erst entscheiden. „Alles andere ist unseriös.“ Die Grünen dürften ein Zuwarten nicht für notwendig erachten. Sie sehen den Zeitpunkt für den Rücktritt von Hartmann schon gekommen. „Was muss eigentlich alles passieren, bis die Geschäftsführung eines Betriebes den Hut nimmt?“, so der grüne Kultursprecher, Wolfgang Zinggl. Die FPÖ bläst ins selbe Horn. Sie fordert „ein Köpferollen auf allen Ebenen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2014)

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