Österreichs Herr der Liste: »Es hat etwas von Hypnose«

Tex Rubinowitz
Tex Rubinowitz(c) Privat
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Der Zeichner und Autor Tex Rubinowitz hat soeben sein zweites Buch mit skurrilen »Listen über Alles« veröffentlicht. Im Gespräch erklärt er, warum sein Buch absurd ist – und Humorvermeidung schwieriger als Lustigsein.

Sie haben mit „Die sieben Plurale von Rhabarber“ zum zweiten Mal ein Buch voller Listen geschrieben. Woher kommt Ihr Interesse?

Tex Rubinowitz: Ich weiß gar nicht, wie ich darauf gekommen bin. Wir sind ja umgeben von Listen, das beginnt schon beim Einkaufen. Wenn man ein Kind in den Supermarkt schickt, gibt man ihm eine Liste mit, damit es nichts vergisst. Und wir sind letztlich alle Kinder und verzetteln uns.

Ihre Listen, die etwa „Die 7 Schwestern der Milka-Kuh“ heißen, schaffen aber eben gerade keine Ordnung.

Genau. Das Buch ist eigentlich eine Mogelpackung. Die meisten Listenbücher bieten ja so etwas wie eine Hilfestellung an oder listen Irrtümer auf. Meines ist dagegen vollkommen absurd. Das war meine Absicht. Lustig sein kann jeder. Aber Humor vermeiden, das ist relativ schwierig. Wenn ich nicht ich wäre, wäre ich richtig zornig auf dieses Buch, weil es überhaupt nicht lustig ist. Es tut so nett und niedlich mit dem Rhabarber und der Zeichnung auf dem Cover, aber die Pointen fehlen.

Ihr Buch ist gewissermaßen das Gegenstück zu Ben Schotts „Sammelsurium“-Reihe.

Ja, diese Bücher interessieren mich nicht. Vor allem in Zeiten des Internets kann sich diese langweiligen Fakten jeder zusammensammeln. Das ist eine Fleißaufgabe eines vermutlichen Strebers, der zu viel Zeit hat. Seine Argumentation ist ja, dass die Wirklichkeit die dreistesten Witze macht. Kreativität oder absurde Kombinationen kann man nicht einfach so herbeiklicken.

Apropos Klick. Wie gefallen Ihnen Webseiten wie Buzzfeed, die von Listen leben?

Die Bücher gab es ja zuerst. „1000 Orte, die ich noch besuchen muss, bevor ich sterbe“. Ist das nicht unfassbar deprimierend? Dennoch werden diese Bücher viel gekauft, weil sie ein leichtes Geschenk sind. Es ist immer etwas darin, was der Empfänger versteht. Das hat ein bisschen etwas von Hypnose und von Leute-Einlullen.

Umberto Eco, Nick Hornby, Tex Rubinowitz. Es fällt auf, dass vor allem Männer Listenbücher schreiben. Woran liegt das?

Ich sage jetzt ein garstiges Wort: Das hat etwas mit Masturbation zu tun. Dass man eine kleine Ordnung herstellt und darin Befriedigung findet. Das ist nichts anderes als Eisenbahn bauen oder Briefmarken sammeln. Keine Frau sammelt Briefmarken! Früher waren Frauen die Sammler, Männer die Jäger. Das hat sich umgedreht: Männer sammeln, weil es nichts mehr zu jagen gibt. Ich bin der Letzte, der das analysieren kann, weil ich nur ein Trivialpsychologe bin, aber es klingt zumindest gut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2014)

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