Finanzmärkte: Angst vor Börsencrash wie 1929

Börsencrash, Dow Jones
Börsencrash, Dow Jones(c) APA/EPA/JUSTIN LANE (JUSTIN LANE)
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In Internetforen macht eine beängstigende Kursgrafik die Runde. Der jetzige Kursverlauf des Dow Jones sieht genauso aus wie kurz vor dem Börsenkrach im Jahr 1929.

Wien. An den Börsen ging es in den vergangenen Jahren steil bergauf. Der Dow-Jones-Index, der weltweit wichtigste Aktienindex, lag Anfang 2012 bei 12.397 Punkten. Mittlerweile ist er auf über 16.100 Punkte gestiegen. Doch nun sorgt in Internetforen und in sozialen Medien eine beängstigende Kursgrafik für Aufregung. Darin wird der jetzige Kursverlauf des Dow Jones mit dem Index aus den Jahren 1928 bis 1929 verglichen.

Die Parallelen sind verblüffend (siehe Grafik). Wiederholt sich die Geschichte, müsste bald ein dramatischer Börsencrash wie im Jahr 1929 folgen. Damals brach Panik unter Privatanlegern aus. Viele versuchten, ihre Aktien zu verkaufen. Innerhalb mehrerer Wellen stürzten die Kurse an allen Börsen weltweit ab. Es entwickelte sich eine Abwärtsspirale, die zur Weltwirtschaftskrise und in den USA zur Großen Depression führte. Erst 1954 erreichte der Dow Jones wieder den Höchststand von 1929.

Trügerischer Aufschwung

Beim US-Finanzportal „Market Watch“, das vor allem bei Privatanlegern beliebt ist, gibt es keine Kursgrafik, die zuletzt so stark abgerufen wurde wie der Aktienchart, der den jetzigen Zeitraum mit der Periode von 1928 und 1929 vergleicht. In Internetforen ist vom „Chart of Doom“ (Grafik des Untergangs) die Rede, manche fragen sich, ob an den Finanzmärkten nun die Apokalypse bevorsteht.

Analysten von Banken warnen vor Panikmache. Sie glauben nicht, dass eine neue Krise bevorsteht. Trotzdem halten viele Investoren den Börsenaufschwung der vergangenen Jahre für trügerisch. Denn die Aktienkurse haben sich zuletzt von der wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmen entkoppelt. Der deutsche Aktienindex DAX beispielsweise kletterte im Vorjahr um 25,5 Prozent.

Schuld an der Kursrallye sind unter anderem die Notenbanken. Sie senkten die Zinsen auf ein Rekordtief und fluteten die Märkte mit billigem Geld. Hier dürfte sich eine Spekulationsblase gebildet haben. Diese könnte langsam platzen. Denn die US-Notenbank Fed hat damit begonnen, die Liquiditätsspritzen zu reduzieren.

Soros wettet auf fallende Kurse

Der US-Investor George Soros wettet bereits im großen Stil auf fallende Kurse. Einem Bericht des „Wall Street Journal“ zufolge hat das „Soros Fund Management“ seine sogenannten Short-Positionen auf den amerikanischen Leitindex Standard & Poor's 500 auf 1,3 Milliarden US-Dollar ausgebaut. Mit Short-Positionen können Anleger von einem Börsencrash profitieren. Geht die Spekulation auf, würde die Gesellschaft von Soros ein Vielfaches des eingesetzten Betrages als Gewinn verbuchen.

Soros hat in der Vergangenheit auf das britische Pfund gewettet und damit eine Milliarde US-Dollar verdient. Sein Vermögen wird auf über 20 Milliarden US-Dollar geschätzt. Der Investor glaubt, dass die größte Gefahr für die Weltwirtschaft derzeit von China ausgeht. Soros betonte zuletzt mehrmals, das schnelle Wachstum des chinesischen Schattenbankensektors habe einige beunruhigende Ähnlichkeiten mit dem amerikanischen Immobilienmarkt, der die weltweite Finanzkrise 2007 und 2008 verursacht habe. Die Aktienmärkte sind global vernetzt. Kommt es in China zu Turbulenzen, wirkt sich das negativ auf die europäischen und amerikanischen Börsen aus.

Nicht in Panik geraten

Trotzdem sollten Anleger jetzt nicht in kollektive Panik geraten. Der legendäre deutsche Bundeskanzler Ludwig Erhard meinte einst: „Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie.“ An den Börsen bricht immer Chaos aus, wenn Investoren lieber ihren Emotionen statt dem Verstand vertrauen. Besonders gefährlich ist der Herdentrieb – dann folgen die Investoren einem bestimmten Trend.

Betrachtet man die jetzige Lage an den Börsen nüchtern, dann ist klar, dass sich die immensen Kurssteigerungen der vergangenen Jahre nicht fortsetzen werden. Doch ein so großer Absturz wie 1929 ist unwahrscheinlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2014)

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