Migration: Afrikaner auf Sprung nach Spanien

Migration Marokko, Spanien
Migration Marokko, Spanien(c) APA/EPA/REDUAN (REDUAN)
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Zehntausende Flüchtlinge ballen sich an den Küsten Marokkos, um nach Europa überzusetzen. Vor allem der Druck auf die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla wächst massiv.

Für Afrikaner, die auf illegale Weise versuchen, nach Europa zu fliehen, gibt es viele Schlupflöcher – etwa, um nach Spanien zu gelangen: Sie kommen mit wackeligen Booten übers Mittelmeer. Verstecken sich in Lastwagen, die mit den großen Fähren von Nordafrika herüberkommen. Oder versuchen, die Grenzzäune der spanischen Exklaven Ceuta und Melilla an der marokkanischen Nordküste zu überwinden.

Vor allem in diesen Grenzstädten wächst seit Jahren der Immigrationsdruck: Täglich versuchen Flüchtlinge, von marokkanischer Seite aus die sechs Meter hohen Sperranlagen zu überwinden. Nach Einschätzung des spanischen Geheimdienstes warten allein in der Umgebung von Ceuta und Melilla, Resten des alten spanischen Imperiums, mindestens 30.000 schwarzafrikanische Migranten auf ihre Chance, durch einen Zaunsprung oder durchs Wasser vor dem Strand schwimmend Spanien, und damit EU-Gebiet, zu erreichen. Wie Spaniens größte Tageszeitung, „El País“, unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete, werden die anschwellenden Flüchtlingsströme Richtung Ceuta und Melilla von „gut organisierten kriminellen Organisationen“ gesteuert, die sich für ihre Dienste bezahlen lassen.

Abschiebungen oft unmöglich

Gerade erst stürmten vor Tagen rund 150 Migranten die stacheligen Doppelzäune Melillas und schafften es, in die Festungsstadt (rund 84.000 Einwohner) zu kommen, wo sie zunächst in einem Lager aufgenommen wurden. Sie jubelten bei ihrer Ankunft, machten mit gespreizten Fingern das Victory-Zeichen, riefen immer wieder „Barça, Barça“ – den Namen des aktuellen spanischen Fußballmeisters.

Die meisten können damit rechnen, bleiben zu dürfen. Eine Abschiebung scheitert meist daran, dass ihre Herkunftsländer nicht feststellbar sind oder die Heimatländer die Rücknahme verweigern.

Am sechsten Februar hatten wiederum hunderte Afrikaner versucht, in einer koordinierten Aktion die Landgrenze nach Ceuta (ebenfalls rund 84.000 Einwohner) zu überwinden. Als dies nicht gelang, stürzten sich etliche an einem nahen Strand ins Wasser, um nach Ceuta zu schwimmen. Spanische Grenzsoldaten schossen daraufhin mit Gummikugeln und Rauchgranaten auf die Flüchtlinge. Mindestens 15 Afrikaner starben im Wasser. Ein Todesdrama, das Spanien den Vorwurf einbrachte, es mit den Menschenrechten an seiner Außengrenze nicht sehr genau zu nehmen.

Ceuta und die 400 Kilometer östlich liegende spanische Schwesterstadt Melilla sind praktisch die einzigen europäischen Vorposten auf dem afrikanischen Kontinent – Spanien besitzt daneben nur noch den Peñón de Vélez de la Gomera, eine winzige Felsenhalbinsel etwa auf halbem Weg zwischen Ceuta und Melilla, deren Verbindung mit dem Land nur einen Steinwurf breit ist. Die einzige Ansiedlung ist freilich eine kleine Militärbasis mit rund 60 Militärangehörigen, dorthin flieht praktisch nie jemand. In Ceuta und Melilla indes sind bedeutende Formationen des spanischen Militärs stationiert.

50Prozent mehr Flüchtlinge

Nach Angaben von Spaniens Innenminister, Jorge Fernández Díaz, überwanden im Jahr 2013 insgesamt 4235 illegale Immigranten die Grenzzäune Ceutas und Melillas und gelangten in die Städte – rund 50Prozent mehr als im Vorjahr. Angesichts des wachsenden Flüchtlingsdrucks könnte die Zahl heuer weiter steigen.

Die Anzahl jener Einwanderer, die versuchen, mit Booten von Nordafrika aus nach Festland-Spanien zu gelangen, nimmt derweil ab. 2013 kamen laut Innenminister 3237 Flüchtlinge (2012: 3800) an. 2006 hatte man noch fast 40.000 Boat People gezählt; die Flüchtlingsroute übers Meer verlagerte sich seither vor allem Richtung Italien, wo im Vorjahr rund 43.000 Immigranten antrieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2014)

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