Und wieder reitet der Sheriff

Antwort auf Viennale-Chef Hans Hurch, der dem Burgtheater-Chef im „Profil“ vorwirft, das Haus „überheizt“ zu haben.

Hans Hurch ist bekannt dafür, alle Jahre wieder anlässlich der Viennale-Eröffnung in die Rolle eines selbst ernannten Abraham a Santa Clara zu schlüpfen und mit im Priestergestus und -tonfall vom Blatt gelesenen moralinsauren, in ihrer banalen Unverbindlichkeit jedoch stets harmlosen Plattitüden selbst gutwilligste Eröffnungsgäste über Gebühr zu langweilen.

Da polemisiert einer gegen das Böse schlechthin, gegen alles, wofür man zwischen Kunst-Smalltalk und Canapés Schulterklopfen erntet. Gegen die verderbte Politik, die Kommerzialisierung der Kunst, Korruption, Nepotismus. Gelegentlich schießt SheriffHurch auch gezielt. Dann geht es um Vorwürfe an Kollegen aus dem Kulturbereich. Dabei gerierter sich als Kläger und Richter zugleich, meist sekundiert vom grünen Robespierre Zinggl, der in seiner von Metternich'schem Geist geprägten Mischung aus Totalitarismus und Biedermeierlichkeit das Anderssein längst zum Straftatbestand erklärt hat.

Seit geraumer Zeit – letzthin in seiner bei „Profil“-Spezi Grissemann untergebrachten Suada gegen Burg-Direktor Matthias Hartmann – versucht Hurch seinen außerhalb der Viennale mäßig gefragtenlogorrhoischenZwangsbeglückungen wiederum verbissen Öffentlichkeit zu verschaffen. Da wird dann dem einen vorgehalten, zu lange im Amt, dem anderen, zu autoritär zu sein, Geldverschwendung und Freunderlwirtschaft bringt Hurch prophylaktisch sowieso immer ins Spiel. Hurch vergisst dabei, dass er inzwischen der Methusalem unter Wiens Kulturmanagern ist, er also bei von ihm gewünschten verkürzten Vertragslaufzeiten längstausgeschieden wäre. Das würdedem Festival – das er sich inzwischen nur mehr über mit Steuergeld eingekauften sogenannten Medienkooperationen bejubeln lässt – die längst nötige künstlerische Frischzellenkur bescheren.

Apropos Freunderlwirtschaft, bei all seinen Anwürfen vergisst Hurch, dass u. a. seine Lebensgefährtin seit Jahren von der Viennale beschäftigt wird, was bei entsprechender Qualifikation durchaus zu rechtfertigen ist, jedoch angesichts Hurchs pharisäischen Kreuzzügen gegen Kollegen einen schlechten Geschmack bekommt.

Typisch für Hurch ist nun, auf der Welle einer medialen Erregung mutig mitzureiten und Burgtheater-Direktor Hartmann mit Unterstellungen und Vorverurteilungen zu diskreditieren. Künstlerische Leistungen interessieren da selbstredend nicht. Klar, die Vorgänge am Burgtheater sind sorgfältig zu prüfen, dabei sind jedoch die Intrigen eines verkannten Hobbykulturpolitikers undhypokriten Möchtegern-Moraltheologen mehr als entbehrlich. Enervierend sind insbesonders die Ausflüge Hurchs in die Kulturpolitik, da möchte er Ställe ausmisten, eine Diktion, die wir bisher in anderen Lagern geortet haben, da fordert er neue, unabhängige Berater für die Kulturpolitik und meint wohl sich und seine Freunde. Da tritt er als selbst gestrickter Spindoktor in Buchhaltungs- und Finanzfragen auf, wobei er im medialen Sperrfeuer auf sein wirtschaftlich desaströses Gartenbaukino allzu gern vergisst.

Und vor einer fantasievollen, gestalterischen Kulturpolitik à la Hurch und deren Parametern Neid, Vernaderung, Indoktrination, ranziger Spät-68er-Ideologie und Cliquenwirtschaft bewahreuns der neue Kulturminister.

Die Frage zu klären, warumHurch sich die Rolle des öffentlichen Anklägers und Besserwissers anmaßt, sei Psychologen oder im zynisch anzunehmenden Fall Marketingexperten überlassen, das ändert jedoch nichts daran, sein Verhalten als das zu beurteilen, was es ist: ein verlogenes und mieses Denunzieren von Kollegen, eine moralische Rhetorik, mit der er ausschließlich andere mit Dreck beschmeißt, aber vergisst, dass der Dreck von ihm selbst kommt.


Dr. Gerald A. Matt, ist Kulturmanager und Gastprofessor an der Hochschule für angewandte Kunst

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2014)

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