Der zweite Anlauf der privaten Bestatter

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Symbolbild(c) Clemens Fabry
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Die Aufbruchstimmung nach der Liberalisierung der Gewerbeordnung im Jahr 2002 kam bald zum Erliegen. Doch ab dem Herbst 2012 strömten neue Anbieter auf den Markt, um der Bestattung Wien Marktanteile abzugraben.

Wien. Der erste Versuch ging daneben. Als 2002 die Gewerbeordnung erstmals private Bestatter in Wien erlaubte, herrschte Aufbruchstimmung in der Branche. Doch schon 2009 zog sich die mit großen Hoffnungen gestartete Pax-Bestattung wieder ins Stammland Kärnten zurück – und die Bestattung Wien kaufte Standort und Namen für Wien auf, 2010 holte man sich auch die Perikles-Bestattung. Mit rund 95 Prozent Marktanteil war die Bestattung Wien de facto wieder Monopolist.

Dass es nicht so recht klappte, mag auch daran gelegen sein, dass die Bestattung Wien allgegenwärtig und durch die Zeit als Monopolist bestens organisiert war. Geschäftslokale in den Bezirksämtern waren etwa ein Startvorteil, mit dem Private nicht mithalten konnten.

Auch klagte Pax, dass die Bestattung Wien bei der administrativen Abwicklung im Magistrat bevorzugt wurde – indem man etwa Angehörige gleich zur Bestattung Wien weiterschickte. Dass im Jänner 2008 die MA43 (Wiener Friedhöfe) privatisiert und mit der Bestattung Wien fusioniert wurde, zementierte das Bild des städtischen Gesamtdienstleisters ein, gegen das die Privaten aufbegehrten. Zuletzt starteten etwa fünf von ihnen deswegen eine Marketingoffensive mit der Internetplattform bestattunginwien.at und gemeinsamen Veranstaltungen.

Um 2012 setzte zudem ein kleiner Anlauf der Privaten ein, bei dem vor allem auf Spezialisierung Wert gelegt wurde. Sei das nun regional – etwa die Bestattung Cubus rund um den Sitz in Alt Erlaa oder die Bestattung Furtner, die auf Transdanubien setzt –, sei es im Hinblick auf spezielle Zielgruppen.

Überführungen in die Türkei

Das im Mai 2013 gegründete Bestattungsunternehmen Friede beispielsweise bietet seine Dienste zwar grundsätzlich allen Wienern an, die meisten Aufträge kommen aber vom Beerdigungshilfefonds des türkischen Vereins Atib (Türkisch-Islamische Union in Österreich). Dieser übernimmt die Organisation der Überführung der Verstorbenen in die Türkei sowie die Koordination der Bestattung unter Einhaltung religiöser Gebote (wie etwa das rituelle Waschen der Leichen).

Denn obwohl es seit Oktober 2008 einen eigenen islamischen Friedhof in Wien Liesing gibt, werden die meisten in Österreich gestorbenen Muslime immer noch in ihre Heimatländer überführt und dort bestattet.

Derzeit zahlen österreichweit rund 25.000 Familien türkischer Herkunft in den Fonds ein, der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt 15 Euro – plus einer einmaligen Anmeldegebühr von 75 Euro. Allein der Bestatter Friede organisierte seit seiner Gründung vor acht Monaten rund 100 Überstellungen in die Türkei inklusive Bestattung – zusätzlich zu den Bestattungen auf dem islamischen Friedhof in Wien oder auf anderen Friedhöfen.

Darüber hinaus gibt es in Wien zwei weitere türkische Bestatter. Einer davon ist das Unternehmen Akin, das sich seit drei Jahren auf Überstellungen spezialisiert und allein im vergangenen Jahr zwischen 200 und 250 Transporte in die Türkei betreut hat.

Bis zum Mai 2013 kamen viele Aufträge vom Atib-Fonds, seither beschränken sie sich auf jene von den vielen anderen kleinen Fonds von Moscheen und diversen religiösen Vereinen, die nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren wie beim Beerdigungshilfefonds von Atib. (eko/kb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2014)

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