Der Stadtsenat begründet das städtische Quasi-Monopol u. a. mit Pietät und Hygiene. Fotos aus einem Kühlhaus zeigen, dass es offenbar genau dort Mängel gibt.
Wien. Nur Leichenkammern, die von den städtischen Friedhöfen betrieben werden, garantieren eine hygienische und würdevolle Zwischenlagerung von Verstorbenen. So lautet eines von mehreren Argumenten des Wiener Stadtsenats, mit denen der Antrag einer 69-jährigen Wienerin beim Verfassungsgerichtshof abgewehrt werden soll. Die Frau will erwirken, dass ihr Leichnam im Fall des Falles bei einem privaten Bestatter gekühlt und aufgebahrt werden darf.
Der „Presse" vorliegende Fotos zeigen nun deutlich: In einem Teil der zentralen Bezirksleichenkammer Favoriten am Matzleinsdorfer Platz kann von Hygiene und Pietät keine Rede sein. Neben einer Unzahl an Särgen sind auf den Bildern Schmutz auf dem Boden sowie Schimmel an der Decke und rund um die Lüftung zu sehen. Zu dem Raum haben nur wenige Personen Zutritt. Ein Informant spricht von „Zuständen, wie sie bei keinem Fleischhacker geduldet werden".
Verantwortlich für die Leichenkammer sind die Wiener Friedhöfe, die über eine gemeinsame Zwischengesellschaft mit der gemeindeeigenen Bestattung zu den Wiener Stadtwerken gehören.
Keine generellen hygienischen Probleme
Ja, so heißt es in einer Stellungnahme, in einem Bereich des Standorts habe sich tatsächlich Schimmel ausgebreitet. Generelle hygienische Probleme existierten jedoch nicht. Das Problem sei vor einigen Wochen wegen eines Wassereinbruchs entstanden. Das Dach sei repariert. Demnächst starte man mit der übrigen Sanierung. Ob der Schimmel auch auf eingelagerte Körper übergangen ist? „Nein, dafür ist die Durchlaufzeit der Verstorbenen zu kurz", sagt ein Sprecher des Unternehmens.
Insgesamt betreiben die Wiener Friedhöfe 50 Leichenkammern, die drei größten in Favoriten, Alsergrund und Floridsdorf. Das Wiener Leichen- und Bestattungsgesetz schreibt als einziges in Österreich vor, dass auch private Bestatter diese Anlagen nutzen müssen. Natürlich zu Gebühren, die die Hinterbliebenen zu bezahlen haben. Das Gleiche gilt für Aufbahrungshallen. Laut Gebührenkatalog kostet das Einkühlen 65 Euro. Die Aufbahrung kommt - inklusive Beiwerk - auf 435,20 Euro.