Rolls Royce setzt auf Drohnen-Schiffe

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Der Konzern meint, dass unbemannte Schiffe bald den Welthandel revolutionieren könnten. Sie könnten von Bug bis zum Deck mit Waren beladen werden und die Personalkosten senken.

In einem Zeitalter der Flugdrohnen und fahrerlosen Autos entwirft Rolls-Royce unbemannte Frachtschiffe: Das Entwicklerteam Blue Oceann hat in Alesund in Norwegen einen virtuellen Prototypen gebaut, der einen 360-Grad-Rundumblick von der Brücke eines Schiffes aus simuliert. Letzten Endes werden Kapitäne auf dem Festland ähnliche Kontrollräume benutzen, um hunderte unbemannter Schiffe zu steuern, erwartet der Turbinen- und Motorenbauer aus London. Drohnenschiffe wären Rolls Royce zufolge eine sicherere, günstigere und umweltfreundlichere Alternative in der 270 Milliarden Euro schweren schweren Schifffahrtsbranche, die 90 Prozent des Warentransports im Welthandel ausmacht.

Solche Schiffe könnten innerhalb eines Jahrzehnts in Regionen wie der Ostsee eingesetzt werden, meint Oskar Levander, Vice President für Neuentwicklungen im Schiffssektor bei dem britischen Konzern. Eine weltweite Einführung dürfte ihm zufolge aber durch rechtliche Hürden sowie die Skepsis der Branche und Gewerkschaften wegen der Kosten und Sicherheit ausgebremst werden.

"Jetzt ist die Zeit gekommen"

"Jetzt ist die Technologie auf einem Niveau, wo dies umgesetzt werden kann, und die Gesellschaft bewegt sich in diese Richtung", sagt Levander gegenüber Bloomberg News. "Wenn wir wollen, dass die Schiffsbranche das macht, dann ist jetzt die Zeit dafür gekommen."

Die EU finanziert eine 3,5 Millionen Euro teure Studie über die unbemannte Seeschifffahrt durch, das Maritime Unmanned Navigation through Intelligence in Networks (MUNIN) Projekt. Die Wissenschaftler bereiten den Prototyp für simulierte Tests auf dem Meer zur Kosten/Nutzen-Schätzung vor, die nächstes Jahr abgeschlossen werden, sagt Hans-Christoph Burmeister vom Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CLM in Hamburg.

Dem Design des britischen Technologiekonzerns zufolge können automatisierte Schiffe ohne Brückenbau und Unterkünfte für die Besatzung vom Bug bis zum Heck mit Containern beladen werden. Brücke und Versorgungstechnik - wie für Elektrizität, Klimatisierung, Wasser und Abwasser - könnten durch Fracht ersetzt werden, was Kosten senke und Umsätze steigere. Levander zufolge wären die Schiffe ohne Ladung fünf Prozent leichter und würden 12 bis 15 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen.

Personalkosten machen 44 Prozent aus

Eine Besatzung kostet rund 2400 pro Tag, zeigen Angaben von Moore Stephens LLP, ein Wirtschaftsprüfer und Berater der Branche. Die Personalkosten machen demnach etwa 44 Prozent der gesamten Betriebsausgaben eines großen Containerschiffes aus.
Derzeit sind unbemannte Schiffe illegal, da internationale Übereinkommen eine Mindestbesatzung vorschreiben, sagt Simon Bennett, ein Sprecher der International Chamber of Shipping in London. Der Industrieverband, der mehr als 80 Prozent der weltweiten Flotte vertritt, habe das Thema noch nicht ernsthaft erörtert.

Bei der Internationalen Schifffahrtsorganisation (International Maritime Organization, IMO), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, sind nach Aussage der Sprecherin Natasha Brown noch keine Vorschläge für unbemannte und ferngesteuerte Schiffe eingegangen.

Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF), die etwa 600.000 der mehr als eine Million Seeleute weltweit repräsentiert, ist gegen die Drohnen-Schiffe. "Es kann und wird niemals die Augen, Ohren und Denkprozesse eines professionellen Seefahrers ersetzen", sagt Dave Heindel, Chairman der ITF-Sparte für Seeleute, in einer E- Mail. "Der Faktor Mensch ist die erste Verteidigungslinie bei Maschinenausfällen sowie unerwarteten und plötzlichen Änderungen der Verhältnisse, wie sie auf See häufig vorkommen." Die Gefahren unbemannter Schiffe für die Umwelt seien sehr leicht nachzuvollziehen, so Heindel.

Rolls Royce erwartet fließenden Übergang

Levander stellt sich einen fließenden Übergang vor, während die Computer eine immer größere Rolle bei Navigation und Schiffsbetrieb übernehmen. Container-Schiffe und Bulker dürften die ersten sein, die ohne eine Mannschaft auskommen. Tanker, die Gefahrengüter wie Rohöl oder Flüssigerdgas beförderten, dürften länger bemannt bleiben - aufgrund der Wahrnehmung, dass es mit Menschen an Bord sicherer sei, sagt er.

Zudem argumentiert der Rolls-Royce-Manager, dass Besatzungen keinen Sicherheitsvorteil bieten würden, wenn die Schiffe mit Fernsteuerung, vorbeugender Wartung und einem Back- Up-System für Notfälle ausgerüstet seien. Ähnlich wie bei Flugzeugen müssten die Schiffe konstant und umfassend von Computern überwacht werden, um Fehler vorauszusehen. Außerdem würden Kameras und Sensoren Hindernisse im Wasser besser wahrnehmen als das menschliche Auge.

Levander ist kühle Zurückhaltung gewohnt. Als er das Thema im Mai 2013 bei einer Branchenkonferenz in London ansprach, erntete er den offenen Spott des Publikums, und andere Sprecher bei der Podiumsdiskussion mit ihm verwarfen die Idee. Doch das stört Levander offenbar nicht. "Wenn jeder in der Branche sagen würde: 'Ja, das ist der richtige Weg', dann wären wir zu spät dran", erklärt Levander."Ich erwarte, dass die Schiffsbesitzer konservativ sind, aber das wird sich ändern."

(Bloomberg)

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