Niederlande: Entweder Gott oder Doktortitel

(c) Clemens Fabry
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Die Universität Wageningen lehnte eine Doktorarbeit ab, weil sich der Autor in der Danksagung bei "Gott, dem Allmächtigen" bedankt hatte.

Rom. Es war nur ein ganz kleiner Satz in der Danksagung seiner Doktorarbeit, der jetzt für großen Wirbel sorgt. Denn darin dankte der gläubige Christ Jerke de Vries Gott. Er schrieb: „Gott Allmächtiger, ich danke Dir, es ist das Schönste, von Dir geliebt und geachtet zu werden.“

Eine solche Danksagung geht nicht, urteilte die niederländische Universität Wageningen, an der der Agrartechniker de Vries seine Dissertation geschrieben und eingereicht hatte. Sein Doktorvater, Professor Peter Groot-Koerkamp, hatte nichts dagegen, dass sein Doktorand Gott in der Danksagung ehrte. Das Dissertationskomitee und der Rektor der Universität Wageningen aber sahen das ganz anders.

Wenn er das Dankeswort an Gott nicht aus seiner Dissertation entferne, werde diese von der Universität Wageningen nicht angenommen, argumentierte die Uni-Leitung. Jerke de Vries müsse dann eben auf seinen Doktortitel verzichten.

Begründet wurde das seitens der Universität damit, dass religiöse und politische Aussagen in Dissertationen und in deren Danksagung nicht erlaubt seien. Die entsprechende Richtlinie darüber sei gerade von der Universitätsleitung noch einmal verschärft worden. Ergo: Religiöse Äußerungen hätten in einer Doktorarbeit nichts verloren. Darüber sei Jerke de Vries vorab informiert worden. Dennoch habe er sich nicht an die Vorschriften gehalten.

Seiten herausgerissen

Da die Doktorarbeit von Jerke de Vries schon in mehreren hundert Exemplaren – samt Danksagung an Gott – gedruckt worden war, verlangte die Universitätsleitung von dem jungen Wissenschaftler, er müsse die göttliche Danksagung in seiner Dissertation schwärzen. Er aber konterte: „Ich mache keine Selbstzensur. Ich schwärze nichts in meiner Doktorarbeit.“ Der Konflikt eskalierte.

Schließlich gab Jerke de Vries aber doch nach. Er schwärzte die Danksagung an Gott allerdings nicht, sondern riss die Seite, auf der sie stand, eigenhändig aus allen bereits gedruckten Exemplaren seiner Doktorarbeit heraus – und reichte sie dann erneut ein. Seinen Doktortitel wird er nun wohl erhalten. Aber der Fall ist noch lange nicht abgeschlossen.

Jerke de Vries lästerte, dass man seitens der Universität nichts dagegen habe, wenn so mancher Doktorand in der Danksagung sich bei der Kneipe bedanke, in der er sich im Dissertationsstress ab und an einen hinter die Binde gegossen habe. Manche Kommilitonen würden sich sogar als Fans bei ihrem Fußballklub bedanken. Dagegen habe die Universitätsleitung nichts einzuwenden.

Diese konterte: Man werde die Dankesworte in Doktorarbeiten künftig genauer unter die Lupe nehmen. Sie müssten seriöser werden. Wer aber definiert, was ein seriöses Dankeswort ist? Allein die Universitätsleitung?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2014)

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