Telekom V-Prozess: "Eindeutige Packelei" beim Schillerplatz

Gebäude Schillerplatz 4
Gebäude Schillerplatz 4 REUTERS
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Der erkrankte Leiter der Immobilienabteilung drohte damit, dass er über jeden ein Dossier in der Schublade habe.

Bei der Zeugeneinvernahme eines Telekom-Austria-Mitarbeiters heute Dienstag im Schillerplatz-Prozess wurden einige bemerkenswerte Äußerungen anderer Mitarbeiter bekannt, die der Zeuge als Leiter der Inneren Revision damals bei Besprechungen zu dem Thema protokollierte. So hatte ein Telekom-Prokurist den Schillerplatz-Deal als "eindeutige Packelei" kritisiert.

Dieser kritisierende Mitarbeiter sei nicht direkt in den Deal involviert gewesen, erläuterte der Revisor heute im Zeugenstand. Er las seine eigenen handschriftlichen Notizen von damals vor.

Sundt und Colomdo unterschrieben den Deal

Auffallend war auch, dass ein nunmehr schwer erkrankter früherer Telekom-Mitarbeiter, der bei dem Deal laut Zeugenaussagen eine wichtige Rolle spielte und viele Besprechungen führte, laut Protokoll verhalten drohte. Er habe über jeden Beteiligten "ein Dossier in der Schublade", zitierte der Revisor handschriftliche Vermerke aus dem Protokoll. Der derart Drohende war Leiter der Immobilien-Abteilung in der Telekom und ist nach einem Herzstillstand nicht vernehmungsfähig.

In seinem Büro waren keine Unterlagen zum Schillerplatz gefunden worden. Während ihn eine Zeugin im Prozess als kritisch gegenüber dem Schillerplatz-Verkauf beschrieben hatte, meinen die nun angeklagten Ex-Telekom-Manager, er habe den Verkauf befürwortet. Unterschrieben hat der Betreffende allerdings nicht, der Schillerplatz-Deal war als einziges Immobiliengeschäft dieser Jahre vom damaligen Telekom-Generaldirektor Heinz Sundt und dessen Finanzvorstand Stefano Colombo unterschrieben worden.

Projektpotenzial kaufentscheidend

Gutachter Roland Popp hat heute, Dienstag, mehrfach betont, dass man bei der Immobilie auch das Ausbaupotenzial im Dachgeschoß sehen müsse. Dies habe er bei seinem ersten Gutachten gemacht, beim zweiten Gutachten, zu dem ihn Richterin Claudia Moravec-Loidolt im Jänner beauftragt habe, habe er dies auftragsgemäß nicht gemacht. Hier habe er nur die damals vorhandenen verkauften Flächen berücksichtigt, normalerweise würde man aber versuchen, das Ausbaupotenzial für das Dachgeschoß in die Berechnungen einzubeziehen. Die Einreichpläne, auf denen das Projekt aufbaue, seien - entsprechend dem Gerichtsauftrag - nicht berücksichtigt worden.

Popp war in seinem ersten Gutachten, für das er den Kaufvertrag zugrunde legte, auf einen Wert der Immobilie von 9,8 Mio. Euro zum Verkaufsangebots-Zeitpunkt Mai 2006 gekommen. In dem nun präsentierten "Ergänzungsgutachten" hatte er zunächst in einer Variante den dreigeschoßigen Dachgeschoßausbau ausdrücklich nicht berücksichtigt und war auf einen Wert von 6,9 Mio. Euro gekommen. In einer zweiten Variante des Ergänzungsgutachtens hatte er auch die Wohnungseigentumsbegründung nicht berücksichtigt und war so für die verkauften Büroflächen auf 5,5 Mio. Euro gekommen. Tatsächlich hatte das Ehepaar Huber die Immobilie von der Telekom um 5,4 Mio. Euro im Dezember 2006 gekauft und ein knappes Jahr später um rund das Doppelte an den Objektentwickler Seeste weiterverkauft.

Weitere Zeugeneinvernahme geplant

Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, die Immobilie ohne aktuelles Verkehrswertgutachten zu billig an den damaligen nun mitangeklagten ÖBB-Chef Martin Huber verkauft zu haben, die Beschuldigten bestreiten dies.

Staatsanwalt Michael Radasztics stellte den Antrag, einen Zeugen zu vernehmen, der ihm vor kurzem, im Februar 2014, ein E-Mail geschickt habe. Der Immobilienunternehmer wolle aussagen, dass er damals bereit war, ein Angebot für den Schillerplatz zu stellen und dieses auch der Telekom mitgeteilt habe. Die zuständigen Mitarbeiter hätten ihm aber bald mitgeteilt, dass sein Angebot keine Chance haben würde, da das Geschäft bereits "auf einer höheren Ebene" gedealt gewesen sei. Die Verteidiger sprachen sich gegen den Zeugen aus, er sei nicht mehr notwendig und könne nur über "Hörensagen" aussagen.

(APA)

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