Ukraine-Krise gefährdet Putins Prestigeprojekt

Russia's President Putin speaks during his meeting with Kazakhstan's President Nazarbayev and Belarus' President Lukashenko in Novo-Ogaryovo
Russia's President Putin speaks during his meeting with Kazakhstan's President Nazarbayev and Belarus' President Lukashenko in Novo-Ogaryovo(c) REUTERS
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Eine Eurasische Wirtschaftsunion mit der Ukraine sollte Russland auf Augenhöhe mit der EU bringen. Am Mittwoch trafen sich die drei bisherigen Mitglieder in Moskau, um die aktuelle Lage zu diskutieren.

Wien/Moskau. Wladimir Putin sucht den regionalen Rückhalt für sein Vorgehen in der Ukraine. In einer um eine Woche vorverlegten Sitzung der Eurasischen Zollunion diskutierte der russische Präsident am Mittwoch in Moskau mit seinen weißrussischen und kasachischen Amtskollegen, Alexander Lukaschenko und Nursultan Nasarbajew die Lage in der Ukraine.

Neben der Furcht vor Protesten der eigenen Bevölkerung erregt auch der russische Anspruch, Schutz und Sicherheit der russischstämmigen Bevölkerung außerhalb der eigenen Grenzen zu garantieren, Misstrauen bei Russlands Partnern. In Weißrussland sind rund elf Prozent der Bevölkerung russischstämmig, in Kasachstan ist es ein Drittel. Die Lage in der Ukraine gefährdet Putins Prestigeprojekt einer Eurasischen Wirtschaftsunion ehemaliger Sowjetstaaten. Diese soll 2015 die Zollunion ersetzen. Ziel ist es, nach dem Vorbild der EU Handelshemmnisse abzubauen, Personenfreizügigkeit zu garantieren und die gemeinsame Zollunion zu vergrößern.

Mitglieder sind uneins

Differenzen zwischen den drei bisherigen Mitgliedern zeigen sich bereits jetzt. „Russland betrachtet die Union auch als politisches Vorhaben. Weißrussland, Kasachstan und potenzielle Mitglieder wollen indes nur auf wirtschaftlicher Ebene kooperieren“, sagt Susan Stewart, Eurasien-Expertin der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik. Zu groß ist die Angst vor einer russischen Dominanz.

Auch nennenswerte wirtschaftliche Erfolge blieben bisher aus. Die Exporte Kasachstans in die Partnerländer sanken 2012 sogar um 3,7 Prozent, während die Importe aus Russland und Weißrussland stiegen.

Die Anreize, der Union beizutreten, sind laut einer Studie der SWP für einige Länder nicht sehr groß. Georgien etwa ist Transitland für Gas aus Zentralasien nach Europa. Eine Annäherung an den europäischen Markt ist für das kleine Land wesentlich attraktiver. Und auch zur nötigen Modernisierung der Ukraine kann die EU mehr beitragen als die veraltete russische Wirtschaft.

Putin versucht im Gegenzug, die Staaten durch Geld, Gas und militärische Drohungen zu einem Beitritt zu bewegen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung stellt fest, dass Russland mit der Erhöhung des Gaspreises im Juli 2013 Proteste in Armenien provoziert hat. Als Resultat schlug das Land ein Freihandelsabkommen mit der EU aus. Danach wurde der Preis wieder gesenkt. Ob Russlands Drohungen auch auf die Ukraine wirken, bleibt abzuwarten.

Moskau übt Druck aus

Trotz des stockenden Integrationsprozesses glaubt Susan Stewart nicht daran, dass Russland sein Projekt aufgibt. „Putin hat zu viel in die Eurasische Union investiert.“ Gelingt es Russland nicht, die Ukraine mit ins Boot zu holen, wäre das ein großer Rückschlag für das Vorhaben. Dann droht der Eurasischen Wirtschaftsunion wohl ein ähnlich bedeutungsloses Schicksal wie der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2014)

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