Abschied aus Türkei rettet Verbund

Bilanz. Nur der Rückzug aus der Türkei verschafft dem Verbund eine brauchbare Bilanz 2013. Trostpflaster für Aktionäre: Die Dividende steigt auf einen Euro. Der Bund kassiert 174 Millionen.

Wien. In Zeiten wie diesen feiern Europas Stromunternehmen selbst den Einbruch des operativen Gewinns um 83,7 Prozent beinahe wie einen Erfolg. So geschehen am gestrigen Mittwoch. Der heimische Verbund-Konzern legte die Zahlen für 2013 vor: Niedrige Großhandelspreise und große Abschreibungen auf Gaskraftwerke ließen das Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 900 Millionen Euro auf 147 Millionen Euro nach unten rasseln.

Dass am Ende dennoch ein Plus in der Bilanz stehen durfte, hat Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber vor allem seinem geglückten Ausstieg aus der Türkei zu verdanken. Über eine Milliarde Euro (1,35 Mrd.) spülte der Tausch der Verbund-Anteile an der türkischen Enerjisa gegen acht bayrische Wasserkraftwerke von der E.ON in die Kassa des Unternehmens. Das Konzernergebnis legte um 49 Prozent auf 579,9 Millionen Euro zu. Ohne Einmaleffekte hätte es einen Einbruch von 38,5 Prozent auf 384,5 Mio. Euro gegeben.

Auch Wasserkraft abgewertet

Mit den neuen bayerischen Wasserkraftwerken versorgt das Unternehmen mittlerweile fast ebenso viele Kunden in Deutschland wie in Österreich. Für weitere Zukäufe von deutschen Wasserkraftwerken sei man offen, hieß es am Mittwoch. Doch der deutlich gesunkene Strompreis treibt den Verbund dazu, auch die vermeintliche Goldgrube Wasserkraft abzuwerten. In der Bilanz 2013 wurden Verbund-Wasserkraftwerke um 106Millionen Euro wertberichtigt.

Für das heurige Jahr hat das Unternehmen bereits vor vier Wochen eine düstere Prognose gestellt. Demnach wird der Konzerngewinn um 74 Prozent auf 150 Millionen Euro einbrechen. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wird bei 850 Millionen Euro liegen.

Die Ursachen für die anhaltend schwierige Lage ortet Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber erneut in der massiven Überförderung erneuerbarer Energieträger und weiter fallenden Großhandelspreisen. 2013 konnte der Verbund Strom im Schnitt um 48,1 Euro pro Megawattstunde verkaufen. Im nächsten Jahr rechnet das Unternehmen nur noch mit 40,9 Euro. „Jeder Euro weniger bedeutet neun Millionen Euro weniger beim operativen Ergebnis“, schätzt der neue Finanzvorstand Peter Kollmann.

Ungelöst bleibt vorerst auch das Problem mit der verlustreichen Gassparte. „Es ist in Europa nicht möglich, rentabel Gaskraftwerke zu betreiben“, sagt Anzengruber. Das Gaskraftwerk im steirischen Mellach ist kaum in Betrieb und wurde im Vorjahr um 277,5 Mio. Euro abgewertet. Es steht noch mit 140Mio. Euro in der Bilanz. Auch für die französischen Gaskraftwerke gab es Wertberichtigungen über mehrere hundert Millionen Euro. Sie stehen mit 135 Mio. Euro in der Bilanz. Die italienische Tochter Sorgenia belastet das Ergebnis mit 230,7 Millionen. Für alle drei Sorgenkinder sucht der Verbund Käufer. Kolportierte Verkaufsverhandlungen mit Gazprom wollte Anzengruber nicht kommentieren.

250 Mitarbeiter weniger

Der Konzern reagiert auf das schwierige Umfeld mit einem Sparprogramm und einem Investitionsstopp. 250 Mitarbeiter will der Verbund künftig weniger beschäftigen. In drei Jahren sollen in Summe 130Millionen Euro an Sach- und Personalkosten eingespart werden. Statt geplanter 2,3 Milliarden Euro bis 2018 sollen nur noch 1,5 Milliarden investiert werden, zwei Drittel davon in den Netzausbau.

Die positivste Nachricht des Tages für Verbund-Aktionäre war die Anhebung der Dividende auf einen Euro. Größter Nutznießer ist die Republik Österreich. Sie hält 51Prozent am Stromkonzern und darf sich damit auf 174 Millionen Euro für das Budget freuen. (auer)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2014)

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