Alle unter einem Dach: ORF gibt Funkhaus auf

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Es ist fix: Der ORF bündelt ab 2022 alle Büros am Küniglberg in Hietzing. Das Radiokulturhaus bleibt erhalten.

Vor dieser Torte hatte keiner Angst. Obwohl die süße Backware in der ORF-Chefetage wahrlich nicht nur angenehme Assoziationen auslöste. Nicht so schön war etwa jene Sitzung des ORF-Aufsichtsgremiums vor zwei Jahren, bei der die freien Mitarbeiter des ORF vor dem Saal Kuchenbrösel verteilten, um gegen ihre prekären Arbeitsverhältnisse zu protestieren. Am Donnerstag schaffte es eine große und kompakte Schokoladentorte sogar in den Sitzungssaal. Und sie war natürlich nicht Symbol des Protests, sondern der Feierlichkeit, denn gleich zwei Stiftungsräte (Siegfried Meryn und Norbert Steger) hatten Geburtstag.

Auch sonst keine Spur von Protest bei der letzten Sitzung des Stiftungsrates in der aktuellen Geschäftsperiode. Die lange angekündigte Standortentscheidung wurde – wie erwartet – von einer großen Mehrheit beschlossen: Der ORF bündelt seine bisher drei Standorte in Wien auf dem Küniglberg in Hietzing und gibt das Büro in Heiligenstadt (bisher ORF Online und Ö3) und das Funkhaus in der Argentinierstraße (Ö1, FM4, Landesstudio Wien) auf. 26 von 35 Stiftungsräten stimmten für den Vorschlag der ORF-Geschäftsführung, drei dagegen (die Betriebsräte Gerhard Moser und Christiana Jankovics sowie BZÖ-Vertreter Alexander Scheer), sechs enthielten sich ihrer Stimme.

Gut zehn Jahre, die letzten drei davon intensiv, hat die ORF-Führung an der Standortentscheidung laboriert, die „wichtigste Entscheidung der vergangenen Jahrzehnte“, wie die Stiftungsratsvorsitzende am Donnerstag sagte. Bis 31.12.2021 wird der neue alte Standort fit gemacht. Soll heißen: Bis dahin sind die Sanierung der bestehenden Gebäude und der geplante Neubau für den trimedialen Newsroom und die Studios abgeschlossen. Etwa 700 Mitarbeiter mehr werden dann auf dem Küniglberg arbeiten. Der Neubau kostet ca. 300 Millionen Euro. Dennoch würde sich der Zentralstandort auch finanziell auszahlen, so Finanzchef Richard Grasl. Es sei um zehn Millionen Euro pro Jahr günstiger, alle ORF-Büros an einem Standort zu bündeln als die jetzigen Standorte zu erhalten.

„Aus ORF-Zentrum wird ORF-Zentrum“

Die zuletzt von verschiedenen Seiten geäußerten Bedenken gegen eine Zusammenlegung habe man „sehr ernst genommen“ und daher den Standortbeschluss um einige Auflagen erweitert. So soll garantiert bleiben, dass trotz der Zusammenlegung der Redaktionen aus Radio, Fernsehen und Online die Identitäten der einzelnen Sender und Sendungen gewahrt werden. Und Grasl betonte: „Damit das klar ist: Die Zusammenführung an einem Standort ist kein Mitarbeitereinsparungsprogramm.“ Wobei Wrabetz daran erinnerte, dass der ORF in den kommenden Jahren weiter Personal abbauen müsse, dies habe aber nichts mit dem Standort zu tun. „Aus dem ORF-Zentrum wird das ORF-Zentrum“, meinte er beinah dadaistisch.

Ein historischer Tag, aber „wahrlich kein guter“ war der Donnerstag für Zentralbetriebsrat Gerhard Moser, weil entschieden wurde „das Funkhaus als Radiohaus aufzugeben“. Die ORF-Geschäftsführung betonte allerdings, sie wolle das Radiokulturhaus in der Argentinierstraße mit seinen Sendesälen und den Hörspielstudios als Kulturstandort erhalten. Trennen wird man sich aber jedenfalls vom benachbarten Funkhaus. Dass es künftig ein Stadtstudio mit flexiblen Arbeitsplätzen geben wird, steht fest. Nur wo, ob im Parlamentsstudio oder in der Argentinierstraße, sei noch nicht entschieden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2014)

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