Das Haus des Südtiroler Künstlers Hubert Kostner hat viele regionale Bezüge und wirkt erst recht modern. Awards gab's für die MoDus-Architekten.
Die örtliche Resonanz und das internationale Echo sind oft nicht deckungsgleich, wenn es um mutige Bauten im ländlichen Raum geht. Manchmal klaffen sie deutlich auseinander. Aber langsam freundet sich ganz Kastelruth, der berühmte Tourismusort am Fuß der Seiser Alm in Südtirol, damit an, einen international relevanten und prämierten Bau in seiner Mitte zu haben: Einen German Design Award gab es zuletzt für das Haus Kostner von MoDus-Architekten aus Brixen, dazu große Geschichten in ausländischen Magazinen. Also viel Interesse an einem Einfamilienhaus, das einerseits so unübersehbar an eine regionale Bautradition anschließt und die Dachform der umgebenden Dolomitengipfel so deutlich aufgreift, andererseits doch so modern wirkt.
Vielleicht erzeugt diesen radikaleren Eindruck auch der Sockel, auf dem der schindelgedeckte Zwillingsbau aus Holz wie aufgeständert balanciert: unten Beton, darüber Glas. Richtung Dorf hoch und steil in den Hang gebaut, zur Straße niedriger und geschützter. Und dann ist da noch der Kontrast zum Nachbarhaus im Normal-Alpinstil, mit dem der Neubau fast auf Tuchfühlung geht.
Traversen und Schindeln
Der bekannte Südtiroler Künstler – und Bauherr – Hubert Kostner hat sich stark in die Planung involviert und mit den Architekten Matteo Scagnol und Sandy Attia eine skulpturale Form entwickelt. „Statisch steht das ganze Haus auf den Traversen – wie bei Heustadln. Die Formensprache ist vielleicht rückwärtsblickend, aber es soll doch international ein wenig mithalten können“, meint er.
Der Grundriss entspricht annähernd einem V, verbunden über einen Betonzylinder mit einer Wendeltreppe drinnen. „Im Erdgeschoß befindet sich das Büro, oben die Wohnung und im Untergeschoß das Atelier“, erklärt Kostner.
Das wirklich Radikale aber sieht man dem Atelier-Wohnhaus, das Kostner und seine Familie bewohnen, gar nicht so sehr an: „Wir wollten das Material Holz oben durchziehen, wo immer es geht“, erklärt er seinen Hang zu dem Werkstoff – er hat sich neben seinem Kunststudium auch mit der traditionellen Südtiroler Holzschnitzerei befasst. „Beim Holz haben wir schon etwas riskiert, man hat uns darauf schon aufmerksam gemacht. Ich habe während der zwei Jahre Bauzeit sehr viel gelernt.“ Vor allem, Überzeugungsarbeit zu leisten: „Wenn man imstande ist, die Leidenschaft der Firmen zu wecken, geht das aus der Norm Fallende plötzlich doch, die Zimmerer und Maurer haben toll gearbeitet.“
Im Inneren trägt das Haus vielfach Kostners Handschrift. Und überall gibt es Nischen und kleine praktische Raumlösungen: „Wir haben alles ausgenützt. Auch das Stiegenhaus.“ Vieles wirkt pur, doch das Holz (neben Lärche und Fichte auch Zirbe oder Akazie) macht es gemütlich. Die Idee, manche Stahlschienen auf den Wänden hellblau zu überziehen, brachte zusätzlich Farbe hinein.
Riesig und gleichmäßig lichtdurchflutet ist das Atelier ganz unten, und es musste hoch sein, weil Kostners Arbeiten manchmal viel Platz brauchen: originelle Holzschnitzereien, die die Landschaft und den Tourismus zum Thema haben, ebenso ironische Übersetzungen des Themas in größere Objekte und Installationen. In Dinge, die Kostner aufhängt, bearbeitet und verwandelt, bis sie hinausdrängen in die Kunsthäuser und Galerien in Österreich und Italien.
ZUM OBJEKT
Das Haus für einen Künstler – für Hubert Kostner und seine Familie – entstand in zwei Jahren Planung und zwei Jahren Bauzeit in Kastelruth. Entworfen wurde es von MoDus Architects (Matteo Sacgnol und Sandy Attia), die zuletzt auch den Jurypreis des Italian Architects Awards 2013 erhielten. Kostner stellt gerade im Künstlerhaus Klagenfurt aus („Born in the Dolomites“) und ist in Wien bei der Galerie MAM. www.modusarchitects.com,
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2014)