Großbritannien: 30 Prozent Wählerpotenzial für Ukip

BRITAIN UK INDEPENDENCE PARTY ELECTIONS
BRITAIN UK INDEPENDENCE PARTY ELECTIONS(c) EPA (LEE SANDERS)
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Anhänger der britischen EU-Feinde sind gegen Migration und Establishment. Das Wählerpotenzial soll über 30 Prozent liegen.

Brüssel/London. Ist die UK Independence Party (Ukip), die den Austritt Großbritanniens aus der EU befürwortet, eine latent fremdenfeindliche, rechtspopulistische Partei? Nigel Farage, Chef und Aushängeschild von Ukip, würde dieser Beschreibung vehement widersprechen und auf die multikulturelle Tradition des britischen Empire verweisen – doch eine Studie, die Experten des Londoner Thinktanks Chatham House erstellt haben und die am kommenden Freitag veröffentlicht wird, zieht diese Sicht der Dinge in Zweifel.

Robert Ford und Matthew Goodwin, die Autoren der Enquete, haben insgesamt mehr als 100.000 britische Wähler und 6000 Ukip-Sympathisanten befragt und kommen zu einem anderen Schluss, der mit Selbstdefinition Farages nur bedingt etwas zu tun hat. Sie haben aus ihren Studien drei Motive destilliert, die für die jüngsten Wahlerfolge von Ukip verantwortlich sind: Die Anhänger der Partei sind europafeindlich, lehnen Zuwanderung ab und fühlen sich nicht vom politischen Establishment ihres Landes vertreten – eine Beschreibung, die vermutlich auch auf die Wählerschaft des Front National in Frankreich oder der FPÖ in Österreich gut zutreffen könnte. Das Fazit der Studienautoren: Ukip ist nicht monothematisch, sondern breiter aufgestellt.

Senioren und Arbeiter

Auch was die Breite anbelangt, haben sich Ford und Goodwin Gedanken gemacht. Sie schätzen das Wählerpotenzial der UK Independence Party auf nicht weniger als 30 Prozent ein – also doppelt so hoch wie die bis dato besten Wahlergebnisse der Partei. Gemäß der Studie macht das Kernklientel von Ukip – das sind jene Briten, die alle drei Motive teilen – bereits 20 Prozent der Wählerschaft aus. Und es sind vor allem die Modernisierungsverlierer, die für Farages Botschaft besonders empfänglich sind. „Senioren, Arbeiter und Männer mit niedrigem Bildungsniveau können sich im heutigen Großbritannien nicht wiederfinden“, sagt Goodwin.

Gemäß seiner Analyse reüssiert Ukip vor allem bei der Arbeiterschaft – ähnlich wie in manchen Wiener Bezirken, in denen die FPÖ die Sozialdemokraten als Arbeiterpartei abgelöst hat. Im Gegenzug fühlt sich die britische Mittelschicht von Farage nicht angesprochen. Fazit: Ukips Reservoir wird nicht unbedingt größer, aber es ist tief genug für weitere Erfolge. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2014)

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