Fünfeinhalb Jahre Haft wegen Untreue. Diese strenge Strafe fasste Josef Martinz in erster Instanz aus. Heute ist der OGH am Zug.
Wien/Klagenfurt. Die erste Instanz sei ein reiner „Schauprozess“ gewesen, ein „Albtraum“. Es waren drastische Worte, die der frühere Kärntner ÖVP-Chef und Landesrat Josef Martinz fand, nachdem er im Oktober 2012 in Klagenfurt fünfeinhalb Jahre Haft ausgefasst hatte. Prozessgegenstand war ein Sechs-Millionen-Euro-Gutachten zum 2007 erfolgten Verkauf der Kärntner Hypo an die Bayerische Landesbank. Heute, Dienstag, beschäftigt sich der Oberste Gerichtshof mit der brisanten Causa.
Die Höchstrichter prüfen jene Rechtsmittel (Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung), mit denen Martinz den Spruch der ersten Instanz aus den Angeln heben will. Der Fall Martinz führte zu einer breiten Debatte um illegale Parteienfinanzierung, auch das „System Jörg Haider“ wurde durch die gerichtliche Aufarbeitung demaskiert. Zu einem dramatischen Höhepunkt kam es, als der Verfasser des Gutachtens, der Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher, noch während des erstinstanzlichen Prozesses erklärte, an Martinz 65.000 Euro aus dem Gutachterhonorar weitergegeben zu haben. Geld, das der Kärntner ÖVP zukommen sollte. Geld, das aus den Mitteln der Kärntner Landesholding aufgebracht worden war. Auch das BZÖ hätte – wie Martinz daraufhin zugab – von dem hohen Gutachtenspreis profitieren sollen.
Der Gerichtstag ist aber nicht nur für das weitere Schicksal von Martinz maßgeblich. Auch die Untreue-Schuldsprüche bzw. die Strafen für Birnbacher und die früheren Vorstände der Kärntner Landesholding, Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander, werden überprüft. Birnbacher hatte ein Geständnis abgelegt und wurde daher trotz des hohen Schadens von 5,7Millionen Euro (laut Erstgericht war sein Gutachten lediglich 300.000 Euro wert) „nur“ zu drei Jahren teilbedingter Haft verurteilt. Megymorez erhielt drei, Xander zwei Jahre Haft.
Brandstetter als Gutachter
Auch auf einen prominenten Namen werden die Höchstrichter beim Aktenstudium stoßen: Wolfgang Brandstetter, 2008 noch für das Wirtschaftsstrafrechtsinstitut der Wiener Wirtschafts-Uni als Universitätsprofessor tätig, mittlerweile Justizminister, gehörte der Gutachter-Riege an, die die später verurteilten Holding-Vorstände zu ihrer Entlastung aufgeboten hatten.
Brandstetter musste sich allerdings nicht mit der Frage der Angemessenheit des Birnbacher-Honorars befassen. Er prüfte – reichlich abstrakt –, inwieweit die Holding berechtigt ist, etwa ein Wirtschaftsprüferhonorar zu übernehmen, ohne dabei ihre Befugnisse zu missbrauchen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2014)