Franz Schellhorns Kritik am Mietendeckel der Regierung muss man ein paar Fakten entgegenhalten.
Der von mir auf Grund seiner Expertise sehr geschätzte Direktor der Denkfabrik Agenda Austria Franz Schellhorn kritisiert in seinem „Presse“-Kommentar (2.9. 2023) die kurz davor präsentierten Maßnahmen der Bundesregierung zur Senkung der Inflation in Österreich. Genau genommen kritisiert er nur einen der Punkte dieses Programmes, nämlich den sogenannten Mietendeckel. Er bezeichnet ihn als „nackten Populismus“, „Schnapsidee“ und als untaugliches Mittel im Kampf gegen die Inflation.
Den von vielen Wirtschaftsforschern geforderten und von der Regierung beschlossenen Gebührenstopp lässt er unerwähnt. Das ist schade, denn das nimmt seiner Kritik die Ernsthaftigkeit. Richtig ist: Laut den ersten Berechnungen von Expertinnen und Experten wird gerade dieses Maßnahmenpaket eine spürbare Senkung der Inflationsrate bringen und damit ein wichtiger Beitrag sein, die heimische Inflation auf europäisches Niveau zu senken. Dies wiederum ist aus vielen Gründen wichtig, nicht zuletzt auch für unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit.
Schellhorns Kritik an dem Vorschlag, in den bereits regulierten Bereichen (Altbaumieten, Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen) eine neue Berechnungsmethode einzuführen, muss man ein paar Fakten entgegenhalten. Zum einen ist es langfristig so, dass durch den vorgeschlagenen „neuen“ Index, nämlich den „Drei-Jahres-VPI (also den Durchschnittswert der vergangenen drei Jahre) es zukünftig (ab 2027) zu einer Glättung kommt. Der Effekt ist, dass hohe Inflationsraten aufgeteilt werden können und die hohen „Ausschläge“ nicht sofort an die Mieter weitergegeben werden. Über einen längeren Zeitraum gleicht es sich aber wieder zwischen Vermieter und Mieter aus. Das halte ich für fair, üblicherweise werden Mietverhältnisse ja auch für längere Zeiträume abgeschlossen. Erhöhungen bei Inflationswerten über 5% werden zwischen Mietern und Vermietern geteilt. Ein Beispiel: Wenn der Drei-Jahres-VPI 6% ergibt, so dürfen 5,5% verrechnet werden. Ein Automatismus, der in Zeiten hoher Inflation greift und etwas dämpfend wirkt. Bis dahin braucht es eine Übergangsregelung für die nächsten drei Jahre und dies ist weiter der VPI oder maximal 5%.
Der Weg der Mitte ist nicht immer der einfachste
Das System mutet auf den ersten Blick etwas kompliziert an, wird sich aber rasch einspielen. Der Weg der pragmatischen Mitte ist eben nicht immer die einfachste Lösung.
Schellhorn bringt (zurecht) Berlin als abschreckendes Beispiel für einen zu regulierten Mietwohnungsmarkt. Dort geht das Angebot tatsächlich zurück. Davon sind wir allerdings weit entfernt. Er könnte auch die Schweiz anführen. In unserem Nachbarland gibt es schon länger ein andere Indexberechnung und der Markt ist nicht völlig zusammengebrochen.
Man kann natürlich der Ansicht sein, dass unser Mietrechtsgesetz überhaupt zu streng reglementiert ist. Es hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder Anläufe gegeben, es zu ändern. Bislang hat sich dafür allerdings nie eine parlamentarische Mehrheit für eine Liberalisierung gefunden.
Tatsächlich sollte „nackter Populismus“ in der Politik keine entscheidende Rolle spielen. Aber auch in Kommentaren in dieser Zeitung sollten möglichst alle Fakten erwähnt werden.
Andreas Ottenschläger (*1975) ist seit 2013 Abgeordneter zum Nationalrat (ÖVP) und Unternehmer.
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