Die Künstlerin Anita Frech belebt eine leer stehende Bäckerei in der Leopoldstadt wieder. Mit dem Geist der Unabhängigkeit und Vintagemode.
Bäckerei Wimmer“ steht in verwitterten Lettern über dem Laden. Doch es liegen keine Kipferln und Striezel in der Auslage, sondern Vintagekleider mit Couture-Appeal. Manchmal sind es auch Bilder, Fotografien oder Objekte. Und immer wieder einmal sieht man Menschen in der kleinen Fensternische sitzen – nämlich dann, wenn im Erdgeschoß der Rembrandtstraße 13 eine Ausstellung eröffnet wird.
So klein dieser frühere Geschäftsraum auch ist, er scheint anregend zu wirken – auf jene, die hier ihre Arbeiten zeigen oder auch nur hereinschneien, sich umsehen oder probieren. Vor allem aber wirkt er auf die bildende Künstlerin Anita Frech, die seit einiger Zeit die ehemalige Bäckerei als Projektraum nutzt und betreibt.
„Ich finde es schön, dass die meisten, die hier ausgestellt haben, die Architektur des Raumes als wesentlichen Bestandteil in ihre Ausstellungskonzepte miteinbezogen haben“, sagt sie über die Atmosphäre, die sie zum einen als Offspace für eine unabhängige Kunstszene anbietet, zum anderen als Location für Vintagemärkte nutzt. Mode und Kunst verweben sich auch in Frechs eigener Arbeit – Malerei und Performances, in denen die Fotografie dann festhält, was geschieht. Zum Beispiel, wenn „Material und Bewegung einen Raum erweitern und daraus eine Art Architektur entsteht“, erklärt sie die „curtain series“, in der sie in Fotoperformances Stoffe, Verhüllung und Körper inszeniert. Derzeit sind diese Arbeiten in einer großen Schau in einem Museum in Polen zu sehen.
Unabhängigkeit braucht Raum
„Ich habe immer selbst initiierte Dinge gemacht, bin lange bewusst nur an der Szene entlanggeschrammt. Das war auch der Grund, warum ich diesen Raum adaptiert habe. Ich wollte immer unabhängig sein. In Wien existieren mittlerweile einige Offspaces, weil es eben viele Künstler gibt, die nicht ewig darauf warten wollen, dass sie irgendwann irgendwo einmal ausstellen dürfen.“
Dieses kleine Geschäftslokal hatte Frech im Hinterkopf, seit sie erstmals daran vorbeiging. „Ich hatte immer das Bild von den heruntergelassenen Jalousien der Bäckerei vor Augen.“ Als sie schließlich das erste Mal dahinterblicken durfte, war es auch genau so, wie sie es sich vorgestellt hatte, eine hohe Decke, ein Boden mit Fliesen und Original-Art-déco-Einrichtung. Sie war braun gestrichen, aber ursprünglich in einem schönem Mint.“ Um mehr Platz für Kunst und Kleider zu schaffen, musste sie sich schweren Herzens doch vom alten Inventar trennen, das den halben Raum verstellte. Seit den Zwanzigerjahren hatte die Familie Wimmer diese kleine Bäckerei betrieben. Etwas mühselig muss der Arbeitsalltag damals gewesen sein, denn die Backstube befand sich, nebst Nassräumen für die Bäcker, im Keller. Ende der Neunzigerjahre war dann Schluss mit dem Betrieb, wie auch für andere Unternehmen in dieser früher lebendigeren, heute viel zu leer anmutenden Straße vom Donaukanal zum Augarten. „Ich habe noch einen Kalender von 1998 und eine Schillingpreisliste gefunden“, erzählt Frech.
Lange hat sie in Los Angeles gelebt und wissenschaftlich gearbeitet. Jetzt agiert sie vergleichsweise superlokal: Wohnung, Atelier und der Projektraum in der Bäckerei liegen nur ein paar Hausnummern voneinander entfernt. Im Sommer aber kehrt sie zu ihren Wurzeln zurück und verlegt ihren Wohn- und Arbeitsmittelpunkt auf das Land in Niederösterreich.
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ZUR PERSON & LOCATION
Anita Frech arbeitet seit 1997 als
bildende Künstlerin in Wien. 2012 öffnete sie den Offspace-Projektraum Bäckerei Wimmer in der Rembrandtstraße 13, 1020 Wien. Derzeit große Schau in Torun/Polen im Centre of Contemporary, www.csw.torun.pl. Nächste Ausstellung ihrer Arbeiten in der Bäckerei Wimmer 26.4.–18.5., Eröffnung 25.4., 19 Uhr. News über Aktivitäten im Projektraum auf Facebook. www.anitafrech.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2014)