Stopp für PISA: Mikl-Leitner rügt Heinisch-Hosek

MIKL-LEITNER
MIKL-LEITNER(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Innenministerin Mikl-Leitner (ÖVP) hofft, dass der Test gerettet wird – mithilfe von Außenminister Kurz, der mit der OECD verhandeln soll.

Die Presse: Die OECD sieht keinen Grund, warum Österreich nicht am PISA-Test 2015 teilnehmen sollte. Sehen Sie einen?

Johanna Mikl-Leitner: Ich sage es einmal so: Ich finde es sehr schade, dass man alle Tests abrupt auf null stellt.

War die Entscheidung von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) voreilig?

Man hätte bei der Entscheidung, alle Tests zu stoppen, Experten einbeziehen sollen. Man hört landauf und landab, dass es große Verunsicherungen gibt – sowohl bei den Schülern und Lehrern als auch bei den Eltern. Nun muss man Beruhigung ins System bringen.

Österreich steigt als erstes OECD- Land aus PISA aus. Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl hat das als Blamage bezeichnet. Sehen Sie das ähnlich?

Ich finde es schade. Österreich war von der ersten Minute bei PISA mit dabei. Wenn Länder wie Mexiko und Griechenland es schaffen, daran teilzunehmen, dann muss es Österreich auch schaffen.

Blamage trifft es also?

Über die Wortwahl will ich nicht diskutieren. Ich halte es für einen wirklich radikalen Schnitt.

Oberösterreich will PISA im Alleingang durchführen. Sollten sich andere Länder anschließen?

Ich habe Verständnis, dass viele besorgt sind und auf verschiedene Arten versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es doch noch zu einer bundesweiten Lösung kommt.

Sollte die Bundespolitik auch auf einen Antritt bei PISA drängen?

Es sollten alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, damit PISA 2015 stattfinden kann. Eine Möglichkeit wäre es, den Herrn Außenminister einzuschalten. Er könnte mit der OECD in Kontakt treten und versuchen, die Frist für die PISA-Vortests nach hinten zu verschieben.

Hat Außenminister Sebastian Kurz bessere Kontakte zur OECD als Ministerin Heinisch-Hosek?

Das will ich so nicht sagen. Aber je breiter wir hier aufgestellt sind, desto besser das Ergebnis.

Könnte hinter dem Teststopp politisches Kalkül stecken? Immerhin hat sich Österreich bei den PISA-Tests ja nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Das will ich der Unterrichtsministerin nicht unterstellen.

Die Ministerin argumentiert den Teststopp mit fehlender Datensicherheit. Wie gewichtig ist dieses Argument?

Datensicherheit ist wichtig. Deshalb wäre das Bundeskriminalamt auch froh darüber gewesen, wenn sie über das Datenleck bereits im Dezember (als das Bundesinstitut für Bildungsforschung und die Ministerin davon erfuhren, Anm.) informiert worden wären. Dann hätte man keine Zeit verloren.

Ob die Zentralmatura vom BIFIE durchgeführt werden kann, wird noch untersucht. Haben Sie genügend Vertrauen in das BIFIE?

Entscheidend ist, dass die Zentralmatura sicher ist – aber auch, dass die Schüler die Art der Matura machen können, auf die sie sich Monate vorbereitet haben.

Dass Sie die Zentralmatura verteidigen, ist mutig. Immerhin vertreten Sie als ÖAAB-Obfrau auch die AHS-Lehrer, die diese heftig kritisieren.

Die Lehrer haben die Schüler in den vergangenen Jahren mit großem Engagement auf die neue Matura vorbereitet.

Es gibt also kein Problem?

Doch. Es gibt generell Probleme bei der Zentralmatura, und die müssen gelöst werden. Das hat aber nichts mit Datensicherheit zu tun.

Auch Ihr Ministerium sammelt Daten. Können Sie Datensicherheit garantieren?

Bis jetzt haben wir bewiesen, dass das Vertrauen in unsere Sicherheitssysteme berechtigt ist. Hundertprozentige Garantien kann es aber in keinem Bereich geben.

Auch nicht bei der Vorratsdatenspeicherung?

Die gibt es generell nicht.

Sie sind nicht die erste ÖVP-Politikerin, die Kritik an der Unterrichtsministerin übt. Ist der neue Stil schon vergessen?

Ich habe ein korrektes und gutes Verhältnis zu ihr. Klar ist, dass man Dinge, die nicht optimal laufen, ansprechen muss.

Kanzler und Vizekanzler haben gesagt, dass sie erst 2018 auf ein gemeinsames Bier gehen. Würden Sie mit der Unterrichtsministerin auf ein Getränk gehen?

Selbstverständlich. Bis 2018 möchte ich dafür aber nicht warten.

In der ÖVP gab es unlängst eine Kontroverse um ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare. Was ist das Beste für die Kinder?

Wenn man weiß, dass es zehnmal mehr heterosexuelle Paare gibt, die gern Kinder adoptieren würden, als potenzielle Adoptivkinder, dann ist das eine rein theoretische Diskussion. Entscheidend ist, dass wir das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt stellen. Und aus meinem Verständnis haben Kinder das Recht auf Vater und Mutter.

Der neue steirische ÖVP-Landesrat Christopher Drexler sagt, dass ihm die ÖVP wie eine strenge alte Tante vorkommt. Können Sie das nachvollziehen?

Entscheidend ist: Gutes bewahren und für Neues offen sein.

Wo ist die ÖVP für Neues offen?

Wenn es darum geht, auf die wirklichen Fragen der Zukunft Antworten zu finden. Etwa bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Da haben wir auch noch viel zu tun.

Man könnte sagen, dass auch das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare eine neue Herausforderung ist.

Die Lebensform ist unumstritten. Die Adoption aber nicht.

Die ÖVP ist also keine strenge alte Tante?

Nein. (lacht) Schauen Sie mich an.

ZUR PERSON

Johanna Mikl-Leitner (50) ist nicht nur Innenministerin und Obfrau des Arbeitnehmerbundes ÖAAB, sondern auch Spiegelministerin von Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Mikl-Leitner verhandelt für die ÖVP also das Thema Bildung. Die Niederösterreicherin studierte Wirtschaftspädagogik an der Wirtschaftsuni Wien und unterrichtete danach in der Handelsakademie in Laa an der Thaya. Mikl-Leitner ist verheiratet und hat zwei Töchter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2014)

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