Stadtwerke-Zentrale kostete 110 Mio. €

Wiener Stadtwerke eroeffnen neue Konzernzentrale in Town Town
(c) Wiener Stadtwerke
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Vertrauliche Verträge erzählen die Geschichte, wie viel das Hauptquartier des öffentlichen Konzerns wirklich kostete und warum spontane Meinungsschwenks teuer waren.

Wien. Am Schnittpunkt von Ostautobahn und Südosttangente steht der dunkle Turm der Wiener Stadtwerke. Das 100 Meter hohe Hauptquartier des größten Infrastrukturdienstleisters der Republik (öffentlicher Verkehr, Gas, Strom, Bestattung und mehr) ragt hier bewusst selbstbewusst in den Himmel. Das Hochhaus, Bestandteil des Büroviertels TownTown, zeigt Größe, die täglich über 200.000 vorbeifahrende Autofahrer beeindrucken soll. So suggeriert es der Pressetext anlässlich der Eröffnung am 24.November 2010.

Nicht im Pressetext steht, wie der zu 100 Prozent in öffentlichem Eigentum stehende Konzern eigentlich zu seiner neuen Zentrale kam (nämlich einigermaßen spontan). Und wie viel diese letztendlich kostete (110,3 Mio. Euro). Überhaupt hielten sich das Rathaus und sein ausgegliederter Holding-Riese mit finanziellen Details zum Projekt in der Vergangenheit auffallend zurück. Mit gutem Grund: Eine finanzielle Gelegenheit war das Gebäude nicht gerade.

Eigentlich hätte das Objekt, das aus dem markanten Turm und einem niedrigeren Nebengebäude besteht, an die deutsche Commerz Real der Commerzbank verkauft und anschließend zurückgemietet werden sollen. Das wurde einst vertraglich fixiert und öffentlich verkündet. Dass daraus nichts wurde, kann man in einem anderen Dokument lesen, dessen Unterzeichner sich 2010 ausdrücklich zu Geheimhaltung verpflichteten. Und in diesem Dokument steht auch, dass sich die Commerz Real den Rücktritt vom Kauf teuer hat abkaufen lassen (siehe Faksimile).

1,6 Mio. Euro für Fehlentscheid

1,6 Mio. Euro Vertragsstrafe, im Text wurde der mildere Ausdruck „Kostenersatz“ formuliert, zahlte die von den Stadtwerken dominierte Errichtergesellschaft, die TownTown AG, dafür, dass die Deutschen von ihrem Kaufrecht zurücktraten. Fällig wurde die Summe aufgrund einer höchst sprunghaften Entscheidung innerhalb des Stadtwerke-Vorstands.

Im Juli 2008 ging der Deal mit der Commerz Real über die Bühne. Im Februar 2010 gab es dazu sogar noch ergänzende und bekräftigende Vereinbarungen. Nur sechs Monate später ließen die Stadtwerke das Geschäft platzen. Angesichts des Volumens des Verkaufs sowie der Tatsache, dass hinter der Aktion träge Großkonzerne stehen, kommt die Aktion einem rasend schnellen Gesinnungswandel gleich. Warum eigentlich?

Weil sich die Wien Energie, immerhin eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke, zur Überraschung der Eigentümer dazu entschloss, ebenfalls in die neue Zentrale zu ziehen. Und weil es laut einer Berechnung der Berater von PWC langfristig wirtschaftlicher sei, das Gebäude nun doch selbst zu erwerben, heißt es in einer Stellungnahme des Konzerns.

Inoffiziell musste man Geld loswerden. Der Pensionsfonds des Konzerns verwaltet nämlich enorme Mittel. Und da man mit deren Veranlagung zuvor schon einmal auf dem Finanzmarkt danebengegriffen hatte, war Finanzvorstand Martin Krajcsir auf der Suche nach einem anderen Investment. Nach Angaben eines Insiders fiel die Entscheidung auch deshalb spontan auf die eigene Konzernzentrale.

Teure Sonderwünsche

Dabei ließ sich der Konzern nach den der „Presse“ vorliegenden Berechnungen in Sachen Ausstattung für das neue Haupthaus nicht lumpen. Mitarbeiter ausführender Firmen erzählen von zahlreichen Sonderwünschen der künftigen Bewohner. So soll die riesige Betriebsküche mit angeschlossener Kantine die „schickste und hochwertigste Österreichs“ sein, die es „ausstattungsmäßig mit jedem Fünf-Sterne-Hotel aufnimmt“. Irgendwie, so die Vermutung, wollte man den Betroffenen den Umzug von der alten Zentrale im mondänen Ringturm (Innere Stadt) an die Autobahn schmackhaft machen.

Das schlug sich im Kaufpreis nieder, der auf Basis der erzielbaren Nettomieten sowie eines Renditeschlüssels berechnet wurde. Die Miete (Schnitt aller Stockwerke) betrug in der Kalkulation pro Monat und Quadratmeter 13,2 Euro für das Nebengebäude und 17 Euro für den Turm. Ein Preis, der für den Bezirk Landstraße überdurchschnittlich hoch ist. 11,2 Euro waren zum Zeitpunkt des Kaufs die Regel. Am Ende stand in den Verträgen eine Summe von 108,7 Mio. Euro.

Die Ausführung, die die Commerz Real zuvor mit den Errichtern für dieselben Gebäude vereinbart hatte, belief sich laut offizieller Mitteilung auf 98 Mio., also auf über zehn Mio. Euro weniger.

AUF EINEN BLICK

Teure Zentrale. 2010 erwarben die Wiener Stadtwerke ihre neue Zentrale im Büroviertel TownTown. Zuvor wollte man das Haus nur mieten, weshalb man einem Investor das selbst eingeräumte Kaufrecht um 1,6 Mio. Euro abkaufen musste. Anschließend trieben Sonderwünsche den Kaufpreis der zwei Häuser auf 108,7 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2014)


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