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Vergleich

Wie ÖVP und Neos um Bürgerliche buhlen

Im Kampf um Wähler sind die Pinken ein echter Konkurrent für die Schwarzen geworden. Doch worin unterscheiden sich die beiden Parteien?
15.03.2014 um 15:01
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Seit mit Erhard Busek (Bild) ein einstiger ÖVP-Parteichef zugegeben hat, Neos gewählt zu haben, ist das Thema aktueller denn je: Die Neos, die zuletzt bei der Gemeinderatswahl in der Stadt Salzburg schon auf zwölf Prozent der Stimmen kamen, stellen eine Konkurrenz für die ÖVP im bürgerlichen Lager dar. Busek bezeichnet die pinke Partei sogar als die „zum Teil bessere Volkspartei“. Doch was eint und unterscheidet die beiden Parteien?

(von Philipp Aichinger)
Die Presse
Frauen mit Kind
Adoption
Die Neos sind für die Gleichstellung homo- und heterosexueller Paare: Zivilehe und Adoption von Kindern sollen allen Paaren offenstehen. Die ÖVP-Spitze will die geltende Rechtslage belassen, laut der Homosexuelle nur eine Eingetragene Partnerschaft schließen können.
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THEMENBILD: KATHOLISCHE KIRCHE / CHRISTENTUM
Sterbehilfe
Während sich die ÖVP unter Michael Spindelegger als betont christlich-soziale Partei sieht, gilt bei den Neos, dass nicht aus religiösen Überzeugungen heraus politisch argumentiert wird. Obwohl es auch bei den Pinken gläubige Christen gibt, aber auch Atheisten. Die Neos sind zudem bei der Sterbehilfe offener: So wollen sie unter bestimmten Voraussetzungen erlauben, dass jemand an der Selbsttötung eines Patienten mitwirkt. Die ÖVP erwägt hingegen, Sterbehilfe sogar im Verfassungsrang zu verbieten.
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PARLAMENT
Parlament
Die föderal verwurzelte ÖVP will die Landtage beibehalten. Aus Sicht der Neos soll es die Landtage nur noch geben, wenn die Länder selbst Steuern für ihre Aufgaben einheben – sonst will man Landesgesetzgebung und -vollziehung abschaffen. Den Bundesrat soll es laut Neos jedenfalls nicht mehr geben.
Wahlen
Die Neos möchten zudem, dass EU-Bürger, die schon länger in Österreich ihren Hauptwohnsitz haben, bei allen Wahlen in Österreich teilnehmen dürfen und dass bei der Nationalratswahl 75 Prozent der Mandatare in Einerwahlkreisen gewählt werden.
Gemeinsames Europa
Die Spitzenkandidaten der beiden Parteien zur EU-Wahl, Othmar Karas (ÖVP) und Angelika Mlinar (Neos), sind beide betont europafreundlich eingestellt. Hier gibt es viele Gemeinsamkeiten.

Die Neos-Spitze betonte zuletzt aber sogar, dass sie langfristig auch für einen EU-Beitritt Russlands ist, wenn der Staat die Voraussetzungen dafür in wirtschaftlicher, politischer und menschenrechtlicher Hinsicht erfüllt. Die ÖVP erklärte, einen Beitritt Russlands abzulehnen.
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OeVP-KLUBKLAUSUR IN LOIPERSDORF: SPINDELEGGER
Bünde oder Vorwahlen
Unterschiede gibt es auch in den Parteistrukturen. Während die ÖVP in bündische Strukturen gegliedert ist, gibt es bei den Neos, die als Bürgerbewegung geformt sind, nur eine Mitgliedschaft. Die bündische Struktur macht die ÖVP einerseits stark, weil sie in allen Gesellschaftsbereichen vertreten ist. Sie sorgt aber auch für Uneinigkeit, weil die Bünde sich intern personell und programmatisch bekämpfen.

(Bild: ÖVP-Chef Michael Spindelegger)
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Während die ÖVP-Kandidatenliste nur parteiintern erstellt wird, werden bei den Neos die Kandidaten in einem dreigliedrigen Verfahren gewählt: Im ersten Verfahren können alle Bürger, die sich registrieren, Punkte für Kandidaten vergeben. Weitere Punte verteilen einmal der Neos-Vorstand und ein weiteres Mal alle Neos-Mitglieder bei einer Versammlung.

(Bild: Neos-Chef Matthias Strolz)
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ANGELOBUNG VON BUNDESHEER REKRUTEN IM KARL- MARX- HOF
Wehrpflicht
Die ÖVP ist für die Beibehaltung der Wehrpflicht, die Neos wollen diese abschaffen und durch ein neues Freiwilligenheer und Milizsystem ersetzen. Auch der Zivildienst entfällt im Neos-Modell und wird durch einen sozialen Freiwilligendienst für Frauen und Männer ersetzt. Die Pinken treten für eine umfassende europäische Verteidigungspolitik ein, die Neutralität wird als überholt erachtet.
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NATIONALRAT: SCHUeSSEL
Die heutige Neos-Position erinnert an die einstige ÖVP-Linie unter Parteichef Wolfgang Schüssel (Bild). „Die alten Schablonen – Lipizzaner, Mozartkugeln oder Neutralität – greifen in der komplexen Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts nicht mehr“, sagte Schüssel etwa 2001. Der heutige Parteichef Spindelegger betont hingegen wieder die Wichtigkeit der Neutralität. Unter Spindelegger schwenkte die ÖVP auch wieder klar auf die Pro-Wehrpflicht-Linie ein.
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Reformen
In diesem Bereich sind einander Schwarze und Pinke am ähnlichsten. Beide sind marktwirtschaftlich orientiert und auch für langfristige Reformmaßnahmen – etwa beim Pensionssystem – zu haben. Ähnlichkeiten gibt es aber vor allem zwischen Neos und dem ÖVP-Wirtschaftsbund, weniger mit der schwarzen Gesamtpartei. Dies zeigte sich etwa zuletzt bei der Debatte um den Erhalt der GmbH light.
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Doch auch hier existieren Differenzen: Die ÖVP ist dafür, dass alle Unternehmer der Wirtschaftskammer angehören. Die Neos wollen die Pflichtmitgliedschaft abschaffen. Im Sozialversicherungsrecht will die pinke Partei, dass es nur noch einen Sozialversicherungsträger geben soll. Zudem wollen die Neos das Agrarbudget kürzen, das die ÖVP unangetastet sehen will.
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Gemeinsame Schule
Die ÖVP ist für die Beibehaltung des Gymnasiums und gegen eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen. Die Neos wollen insofern eine gemeinsame Schule für diese Altersgruppe, als es keine unterschiedlichen Lehrer oder fixe Schultypen mehr gibt. Allerdings sollen sich die Schulen durch weitgehende Schulautonomie untereinander stark unterscheiden.
(c) Clemens Fabry

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