Burgtheater: Bergmann wird interimistische Leiterin

BURGTHEATER: BERGMANN / OSTERMAYER Die neue, interimistische Burgtheater-Chefin Kartin Bergmann und Kulturminister Joef Ostermayer
BURGTHEATER: BERGMANN / OSTERMAYER Die neue, interimistische Burgtheater-Chefin Kartin Bergmann und Kulturminister Joef Ostermayer(c) APA (ROLAND SCHLAGER)
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Karin Bergmann ist die erste Frau an der Spitze des Burgtheaters. Ihr Vertrag läuft bis Ende August 2016. Hermann Beil steht ihr als "ehrenamtlicher" Berater zur Seite.

Das Burgtheater erhält eine neue Führung. Nach der Entlassung von Matthias Hartmann in der Vorwoche präsentierte Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) heute, Mittwoch, gemeinsam mit dem Burg-Aufsichtsratschef Christian Strasser die interimistische Nachfolge für die künstlerische Geschäftsführung: Karin Bergmann übernimmt die Leitung des Burgtheaters bis zur Saison 2015/16, für die der Posten neu ausgeschrieben wird. Hermann Beil wird als "ehrenamtlicher" Berater tätig. Bergmann ist damit die erste Frau an der Spitze des Burgtheaters. Ihr Vertrag läuft bis 30. August 2016, wobei die Ausschreibung für die reguläre Direktion in den kommenden Wochen erfolgen und laut Ostermayer im Herbst ein Kandidat präsentiert werden soll.

Burgtheater-Direktoren seit 1971
Burgtheater-Direktoren seit 1971(c) APA

"Frau Bergmann muss eine Chance haben, ihre Funktion über eine bestimmte Zeit wahrzunehmen", so Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) am Mittwochvormittag bei der Pressekonferenz. Bergmann möchte, dass es bald wieder "um andere Dinge geht, wenn man an die Burg denkt". Vom Ensemble sei sie mit "tosendem Applaus" empfangen worden, so Ostermayer. "Sie ist eine Person, mit der man tatsächlich auf Augenhöhe redet", freute sich Ensemblevertreter Roland Koch.

Auch der neue Vorsitzende des Aufsichtsrats zeigte sich nach der Bestellung erleichtert: "In diesen schwierigen Zeiten merkt man, auf wen man zählen kann." Die Burg stecke in einer "Finanz- als auch Vertrauenskrise - nach innen und außen" und "brennt nach wie vor hell lodernd". Bis Ende des Jahres hofft er auf "Brand aus. Und Garantin dafür ist Frau Bergmann." Nun gehe es darum, "das Burgtheater wieder in die richtigen Schlagzeilen zu bringen."

Bergmann: "Bin kein Notnagel"

"Alle, die mich kennen, wissen, dass ich kein Notnagel bin", sagte Bergmann. "Ich bin eine 1,20-Meter-Garderobe, die zehn Haken tragen kann." Die Lage der Burg beschönigte sie nicht: "Das Burgtheater ist in einer katastrophalen Situation, wie ich es mir nie hätte vorstellen können."

Vom Finanzgebaren unter der entlassenen kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky habe sie nichts gewusst, als sie 2010 in Pension ging: "Von diesem sogenannten System Stantejsky habe ich nicht auch nur das Geringste gespürt." Entsprechend eng werde sie nun mit dem kaufmännischen Geschäftsführer Thomas Königstorfer kooperieren: "Natürlich werden wir alle Entscheidungen gemeinsam treffen."

Bergmann: Kasino gehört zum Burgtheater

So könne und wolle sie sich derzeit noch nicht zu Sparideen positionieren. Das Kasino gehöre in ihren Augen zum Burgtheater und man wolle die Spielstätte auch weiterhin betreiben. Ob diese aber auf Dauer im Besitz des Burgtheaters bleiben müsse, werde man sehen: "Ich werde dafür kämpfen, werde aber nicht behaupten, es wird so sein."

Zur Person Karin Bergmann

Die gebürtige Deutsche Karin Bergmann war unter dem einstigen Burgtheater-Direktor Claus Peymann nach Wien gekommen und über zwei Jahrzehnte am Haus tätig. 1999 wurde die heute 60-Jährige Stellvertreterin von Direktor Klaus Bachler und zeichnete 2008, als dieser ein Jahr vor Vertragsende die Bayerische Staatsoper übernahm, hauptsächlich für den Betrieb verantwortlich. 2010 ging sie nach der ersten Saison als Co-Direktorin Hartmanns in Pension.

>> Auführliches Porträt von Karin Bergmann

Ihre persönliche Präferenz macht Bergmann deutlich: "Die Dramaturgie ist das Wichtigste am Theater." Deshalb werde sie sich zunächst mit den Dramaturgen zusammensetzen. Der Riss im Ensemble müsse gekittet  werden. Das Ensemble des Hauses wolle sie in jedem Falle auf einem der Burg entsprechenden Niveau halten und auf Regisseure zugehen, die schon länger nicht mehr am Ring inszeniert hätten, wie etwa Andreas Kriegenburg oder Leander Haußmann.

Und auch dem entlassenen Amtsvorgänger reichte Bergmann unter bestimmten Voraussetzungen als Regisseur die Hand, sollte dieser sein Stück "Der falsche Film" am Akademietheater fertiginszenieren wollen: "Ich möchte Matthias Hartmann einladen, den 'Falschen Film' als Uraufführung zu bringen."

Zur Person Hermann Beil

Der gebürtige Wiener Hermann Beil war einst mit seinem langjährigen Vertrauten Claus Peymann ans Burgtheater gekommen. Der heute 72-Jährige fungierte an der Burg als Co-Direktor, bevor er mit Peymann 1999 nach Berlin wechselte.

Zustimmung zur Ostermayer-Entscheidung kam auch aus der Politik. Wiens SPÖ-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny würdigte Bergmann als "Integrationsfigur, die stabilisierend wirkt", während der Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl von einer pragmatischen Lösung sprach: "Ich hoffe, dass mit dieser Personalentscheidung mehr Transparenz, Offenheit und geordnete Verhältnisse am Burgtheater einkehren."

>> Interview: Karin Bergmann und Silvia Stantejsky im November 2008

(Red./APA)

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