Zu spät für die Hypo: EU einigt sich auf Bankenabwicklung

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Steuerzahler sollen bei Bank-Pleiten weniger zur Kasse gebeten werden - stattdessen müssen Aktionäre und Gläubiger mehr bluten.

Durchbruch im jahrelangen Streit über die Abwicklung maroder Banken in Europa: Unterhändler von EU-Parlament, Mitgliedsländern und EU-Kommission einigten sich Teilnehmern zufolge am Donnerstag nach einer 16-stündigen Marathonsitzung auf einen Kompromiss, der der Finanzbranche höhere Lasten aufbürdet. Ziel der einheitlichen Abwicklungsregeln ist es, dass Steuerzahler künftig bei Bankpleiten weniger zur Kasse gebeten werden - also anders als etwa dieser Tage bei der Hypo Alpe Adria in Österreich. Stattdessen müssen Aktionäre, Gläubiger und große Sparer mehr bluten.Binnen 24 Stunden soll strauchelnden Instituten künftig ein Ende bereitet werden können. Diese Vorgaben sind neben der gemeinsamen Aufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank die zweite Säule der Bankenunion in Europa, mit der die Finanzbranche besser vor Krisen geschützt werden soll (siehe unten).

Der Abwicklungsfonds soll nun in acht statt wie bisher geplant in zehn Jahren von den Banken aufgebaut werden, wie es in dem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Kompromisspapier heißt. Das gilt sowohl für die Einzahlung als auch für die Vergemeinschaftung der Gelder. Zunächst zahlen die Banken ihre Abgaben in nationale "Kammern" des Fonds. Die Geldhäuser müssen damit in kürzerer Zeit mehr schultern, um die Zielsumme von 55 Milliarden Euro aufzubringen. Wie genau die Gebühren von den Geldhäusern ausgestaltet werden, muss noch von der EU-Kommission und den EU-Finanzministern ausgehandelt werden.

Kompromiss bei Entscheidungsfindung

Streit hatte es lange Zeit vor allem darüber gegeben, wer am Ende die Entscheidung treffen soll, dass eine Bank die Pforten schließen muss. Dem nun gefundenen Kompromiss zufolge soll ein solcher Prozess in erster Linie von der EZB-Aufsicht angestoßen werden. Anschließend befasst sich das Steuerungsgremium des Fonds, das sogenannte Board, mit dem Fall. Die EU-Kommission kann das Votum des Boards billigen oder zurückweisen und soll zudem den Ministerrat informieren. Die Abwicklung soll innerhalb von 24 Stunden eingeleitet werden, wenn EU-Kommission und Mitgliedsländer keinen Einspruch erheben. Kritiker hatten moniert, dass vorherige Vorschläge zu kompliziert waren, um im Krisenfall rasch einen tragfähigen Beschluss fassen zu können.

Nach Angaben von Parlamentariern waren die Beratungen zwischen den drei EU-Institutionen die längsten, die es je gegeben hat. Die Unterhändler standen unter Zugzwang, weil das EU-Parlament die Beschlüsse noch verabschieden muss, bevor es Mitte April vor den Europawahlen ein letztes Mal tagt. Neben dem Parlament müssen auch die Mitgliedsländer dem nun gefundenen Kompromiss noch zustimmen.

Die drei Pfeiler der Bankenunion

BANKENAUFSICHT: Die zentrale Bankenaufsicht ("Single Supervisory Mechanism"/SSM) wird unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) eingerichtet und soll am 4. November 2014 die Arbeit aufnehmen. Die EZB wird künftig die etwa 130 größten und wichtigsten Banken im Euroraum direkt überwachen. Vor dem Start durchleuchten die Aufseher deren Bilanzen und testen die Krisentauglichkeit der Institute.

BANKENABWICKLUNG: Von 2016 an sollen gemeinsame Regeln zur Sanierung und - im Notfall - Schließung von Banken greifen ("Single Resolution Mechanism"/SRM). Erklärtes Ziel ist, dass im Fall der Schieflage einer Bank zunächst deren Aktionäre und Sparer herangezogen werden - und nicht mehr allein der Steuerzahler. Alle Länder sollen Notfallfonds aufbauen, die sich aus Abgaben der Banken finanzieren.

EINLAGENSICHERUNG: Der grenzüberschreitende Schutz der Bankguthaben von Kunden ist noch Zukunftsmusik. Dagegen gibt es starken Widerstand aus vielen Staaten. Gerade die deutschen Sparkassen und Volksbanken befürchten, dass die üppig gefüllten deutschen Töpfe im Fall von Schieflagen von Instituten in anderen Euroländern geschröpft werden.

(APA/Reuters)

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