Wie die EU künftig mit maroden Banken umgehen will

Die Kernelemente der Einigung.

Im jahrelangen Streit über den Mechanismus zur Abwicklung maroder Banken haben sich Unterhändler von EU-Parlament, EU-Mitgliedsländern und EU-Kommission am Donnerstag auf einen Kompromiss geeinigt. Neben der gemeinsamen Aufsicht (SSM) über die größten Banken der Eurozone unter dem Dach der Europäischen Zentralbank bildet der Abwicklungsmechanismus (SRM) die zweite Säule der Bankenunion.

Die Details des Aufbaus des dazugehörigen Abwicklungsfonds (SRF) sollen - vor allem wegen rechtlicher Bedenken der deutschen Bundesregierung - zwischenstaatlich geregelt werden.

Die Kernelemente der Einigung:

WER LÖST DIE ENTSCHEIDUNG AUS?

Gestärkt geht aus dem Kompromiss die EZB hervor. Die von der Französin Daniele Nouy geführte Aufsicht unter dem Dach der Notenbank soll künftig in erster Linie dafür verantwortlich sein, den Prozess für die Abwicklung oder Restrukturierung eines Geldhauses anzustoßen. Zwar senkt dann das Steuerungsgremium des SRM, das sogenannte Board, offiziell den Daumen über einem Geldhaus. In dieser Entscheidung muss es sich aber mit der EZB abstimmen. Das SRM-Regime gilt für alle Institute, die ab dem Herbst von der EZB beaufsichtigt werden - derzeit ist von rund 130 Großbanken in der Eurozone auszugehen.

WIE WIRD ENTSCHIEDEN?

Das fünfköpfige Exekutiv-Board des SRM mit Vertreter von Kommission, EZB, EU-Rat und nationalen Abwicklungsbehörden steht im Zentrum des Prozederes. Es soll sich nicht nur mit der EZB, sondern auch mit den nationalen Aufsichtsbehörden abstimmen. Unmittelbar nach der Entscheidung informiert das Board die EU-Kommission, die innerhalb von 24 Stunden darüber befinden muss, ob sie den Beschluss mitträgt oder nicht. Die Kommission informiert zudem den Finanzministerrat. Legen weder Kommission noch Rat innerhalb von 24 Stunden Widerspruch ein, tritt der Beschluss des Boards in Kraft. Bei einem Veto geht die Entscheidung in die Hände der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde über.

WIE FUNKTIONIERT DER ABWICKLUNGSFONDS?

Der zum SRM dazugehörige Abwicklungsfonds SRF soll dazu führen, dass die Kosten für die Restrukturierung oder Abwicklung maroder Banken möglichst von der Finanzindustrie selbst getragen werden. Insgesamt soll der Fonds innerhalb von acht Jahren 55 Milliarden Euro umfassen. Alle Banken, also nicht nur die Großbanken, müssen einzahlen. Die Banken haben damit in kürzerer Zeit mehr zu schultern, denn die EU-Finanzminister hatten zuvor eine Aufbauphase von zehn Jahren vorgeschlagen. Eingezahlt wird das Geld zunächst in einzelne nationale "Kammern". Eine Vergemeinschaftung der Gelder erfolgt schrittweise - im ersten Jahr sind es 40 Prozent der eingezahlten Summe.

WIE GEHT ES WEITER?

Das EU-Parlament soll dem Kompromiss im April zustimmen, wenn es vor den Europawahlen ein letztes Mal zusammen tritt. Die EU-Staaten billigen anschließend das Regelwerk auf einer ihrer Ratssitzungen. Der SRM startet am 1. Jänner 2015, nachdem die EZB die Aufsicht übernommen hat. Ein Jahr später greifen die schon beschlossenen Regeln zur stärkeren Beteiligung von Gläubigern und Aktionären an einer Bankenrettung.

(APA)

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