Die Freude über die europäische Bankenunion hält sich in Grenzen

(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
  • Drucken

Endlich werden bei Bankenpleiten auch Aktionäre und Gläubiger zur Kasse gebeten. Doch der jetzige Kompromiss ist in der Praxis schwer umsetzbar.

Fünfeinhalb Jahre ist es her, dass die US-Investmentbank Lehman Brothers in die Pleite schlitterte. Das Ereignis löste weltweit Schockwellen aus. Auch in Österreich schnürte die Regierung schnell ein milliardenschweres Hilfspaket, um die Banken vor den Auswirkungen der Krise zu schützen. Die Amerikaner dagegen fackelten nicht lang. Seit Ausbruch der Finanzkrise wurden dort mehr als 500 Banken geschlossen. Für die meisten Kunden hielten sich die Auswirkungen in Grenzen. Denn die Spareinlagen sind in den USA bis zu einem Betrag von 250.000 Dollar (183.000 Euro) abgesichert.

In der EU dagegen lieferten sich die Mitgliedsländer einen Dauerstreit, ob und wie marode Banken geschlossen werden können. Nun liegt endlich ein Kompromiss vor. Doch die Freude darüber ist überschaubar.

Positiv ist die Entscheidung, dass künftig nicht nur Steuerzahler, sondern auch Aktionäre, Gläubiger und Sparer mit Einlagen von über 100.000 Euro zur Kasse gebeten werden. Eine solche Lösung hätte schon viel früher umgesetzt werden müssen. Vermutlich wäre dann auch die Abwicklung der Hypo Alpe Adria anders gelaufen. Das Gleiche gilt für die Kommunalkredit und das Volksbanken-Spitzeninstitut ÖVAG. Auch wenn die Hypo Alpe Adria in aller Munde ist, sollte man nicht vergessen, dass der Staat zwei Milliarden Euro in die Rettung der Kommunalkredit und der KA Finanz investiert hat. Und die ÖVAG-Rettung kostete eine Milliarde Euro. Wie bei der Hypo Alpe Adria dürfte das Geld verloren sein.

Vernünftig ist die Lösung, dass künftig alle europäische Banken in einen Fonds einzahlen müssen. Mit den Fondsgeldern soll die Abwicklung der maroden Institute finanziert werden. Als Zielgröße werden hier 55 Milliarden Euro genannt. Doch dieser Betrag ist zu klein, wenn man bedenkt, dass Europas Banken seit Ausbruch der Finanzkrise über 260 Milliarden Euro an staatlichen Hilfen bekommen haben.

Das Hauptproblem ist allerdings, dass der jetzt gefundene Kompromiss in der Praxis schwer umsetzbar sein wird. Soll ein Finanzinstitut geschlossen oder restrukturiert werden, muss zunächst die bei der Europäischen Zentralbank angesiedelte Finanzaufsicht (SSM) zustimmen. Dann gibt es mit dem SRM noch ein eigenes Abwicklungsgremium, dem Vertreter von EU-Kommission, EZB und EU-Rat angehören sollen.

Das ist längst nicht alles. Die EU-Kommission ist ebenfalls einzubinden. Diese hat wiederum alle Finanzminister in der Eurozone zu informieren. Die EU-Kommission und die Finanzminister haben 24 Stunden Zeit, um gegen die Abwicklungsentscheidung Einspruch zu erheben. Geht es noch komplizierter?

Angenommen, die Hypo Alpe Adria würde nach diesem Muster abgewickelt werden, dann könnte der deutsche Finanzminister eine Insolvenz verhindern, solange die Hypo nicht die Milliardenkredite an die Bayerische Landesbank zurückzahlt. Oder der kroatische Finanzminister könnte bei der Hypo-Abwicklung mitreden wollen, weil die Bank in Kroatien zu den größeren Banken des Landes gehört und er einen Dominoeffekt befürchtet.

Solche Konflikte gab es in der Vergangenheit bereits. Legendär ist die Auseinandersetzung um die Dexia Bank, die 2011 in die Krise geriet. Wochenlang stritten sich Belgien und Frankreich über das Sanierungskonzept. Auch die Hypo Alpe Adria ist ein gutes Beispiel, wonach zu viele Köche den Brei verderben können. Nationalbank, die Hypo-Organe, das Finanzministerium und unzählige Experten konnten sich lange Zeit auf keinen Abwicklungsplan einigen.

Europa hätte hier wieder von den USA lernen können. Dort gibt es mit der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) eine führende Behörde, die für die Schließung von Banken zuständig ist. Steht in den USA ein Finanzinstitut vor massiven Problemen, kommen Vertreter der FDIC und übernehmen die Geschäfte. Damit bei den Kunden keine Panik ausbricht, ist die FDIC sinnvollerweise auch für die Sicherung der Spareinlagen zuständig. Den Steuerzahlern entstehen hier keine Kosten. Denn die FDIC wird aus Versicherungsprämien aller Banken finanziert.

E-Mails an:christian.hoeller@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

The Euro currency sign is seen in front of the European Central Bank headquarters in Frankfurt
Home

Bankenunion: Studie warnt vor "Ausbruch neuer Vertrauenskrise"

Der hohe Anteil von Problemkrediten bei einigen Banken im Süden Europas könnte das gesamte Finanzsystem destabilisieren, warnt das deutsche IW-Institut in seinem Bankenmonitor.
New Articles

EU-Friedhof für marode Banken

Mit einem neuen 55 Milliarden schweren Fonds sollen künftig Fälle wie die Hypo Alpe Adria in der EU abgewickelt werden. Statt Steuerzahler zu belasten, müssen die Banken selbst dafür aufkommen.
GERMANY FINANCE ECB
International

Zu spät für die Hypo: EU einigt sich auf Bankenabwicklung

Steuerzahler sollen bei Bank-Pleiten weniger zur Kasse gebeten werden - stattdessen müssen Aktionäre und Gläubiger mehr bluten.
International

Wie die EU künftig mit maroden Banken umgehen will

Die Kernelemente der Einigung.
BELGIUM EU EUROPEAN COUNCIL SUMMIT
Europa

Bankenunion: Die Mühen der Entscheidungsfindung

Der vor Kurzem erzielte Kompromiss über die Abwicklung angeschlagener Banken bietet einen kondensierten Überblick über die Mühen der europäischen Entscheidungsfindung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.