Binnen-I: Norm war "nur Vorschlag"

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Eine Komitee-Vorsitzende des Normungsinstituts hat dessen Vorstoß gegen das Binnen-I verteidigt. Nun distanziert sich das Institut.

Wer den „geschlechtergerechten Umgang mit Sprache“ regeln will, muss in jedem Fall auf Widerstand stoßen. So war es auch mit dem Vorschlag des Normungsinstituts Austrian Standards zur Verwendung weiblicher und männlicher Formen im formellen Briefverkehr oder in amtlichen Dokumenten: Eine Empfehlung gegen das Binnen-I veranlasste in den vergangenen Tagen empörte öffentliche Reaktionen etwa vonseiten der ÖH, der Arbeiterkammer und des ÖGB.

Nach einem Interview der „Wiener Zeitung“ mit der Vorsitzenden des zuständigen Komitees, Walburg Ernst, hat die Direktorin des Normungsinstituts am Donnerstag nun ebenfalls eine offizielle Stellungnahme abgegeben: Das Normungsinstitut distanziere sich „als neutrale Plattform“ von den persönlichen Äußerungen der Komitee-Vorsitzenden.

Walburg Ernst hatte im Interview gesagt, Sprache diene „der klaglosen Verständigung und nicht der Durchsetzung zweifelhafter politischer Ziele“. Gleichbehandlung müsse in der Realität erfolgen: „Welcher Frau hat das Binnen-I zu einem besseren Job oder zu mehr Bezahlung verholfen?“

In dem Vorschlag zur „ÖNORM A1080“ heißt es: „Jeder Text muss unmittelbar laut (vor)lesbar sein“. Man rät von Doppelschreibweisen wie „der/die Lehrer/in“ ab. Erstmals gibt es in dieser schon lange existierenden Norm auch Regeln zum „geschlechtersensiblen Umgang mit Sprache“: indem man beiden Geschlechtern sprachlich mit dem gleichen Respekt und der gleichen Wertschätzung begegne. Statt des Binnen-I wird geraten, „beide Geschlechter getrennt und vollständig anzuführen“, und zwar die weibliche zuerst. Zulässig sei auch die Vorbemerkung am Anfang des Dokuments, dass eine Form im gesamten Dokument für beide Formen gelte, die männliche und weibliche.

Offenbar will das Normungsinstitut die Proteste berücksichtigen, „Austrian Standards hat bewusst öffentlich und sehr breit zur Mitgestaltung aufgerufen“, heißt es in der Stellungnahme. Der Vorschlag bedürfe „einer breiten Diskussion“, und: „Letztlich wird nur genormt, worüber es einen breiten Konsens gibt.“ (sim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2014)

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