Finanzsektor: Banken sitzen noch auf vielen Risken

EZB-Neubau in Frankfurt am Main
EZB-Neubau in Frankfurt am Main(c) APA/dpa/Boris Roessler (Boris Roessler)
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Faule Kredite im Ausmaß von 876,4 Mrd. Euro machen Europas Banken zu schaffen. Deutsche Ökonomen fürchten, dass die Steuerzahler erneut zur Kasse gebeten werden.

Köln/Wien. Der im kommenden Herbst anstehende Stresstest durch die Europäische Zentralbank (EZB) könnte große Probleme bei den Banken offenlegen, fürchten Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Die Befürchtung liegt nahe, dass das Versprechen der Politik, die Steuerzahler nicht mehr für Bankenverluste aufkommen zu lassen, möglicherweise nicht gehalten werden kann, weil sich die Bankenunion noch im Aufbau befindet und der gemeinsame Bankenabwicklungsfonds nach derzeitiger Planung erst in zehn Jahren einsatzbereit ist“, schreibt Markus Demary, Autor des „IW-Bankenmonitors“. Somit bestehe die Gefahr, dass neue Unsicherheiten entstehen und die Schuldenkrise im Euroraum erneut aufflammen könnte.

Österreichs Firmen verschuldet

Die potenziellen Probleme sind zahlreich. Zum einen drohen den Banken Gefahren aus dem makroökonomischen Umfeld, etwa durch schwache Wirtschaftsdaten, eine hohe Verschuldung der Haushalte, der Unternehmen oder des Staates. Für Österreichs Banken sieht das makroökonomische Umfeld relativ gut aus. Von acht möglichen Risikofaktoren treffen nur zwei zu: die Staatsschulden sowie eine hohe Verschuldung der Unternehmen. In Zypern, Spanien, Portugal, Griechenland, Irland, Italien und Malta weisen hingegen mindestens fünf der acht Indikatoren negative Werte auf, darunter auch die Rezession und hohe Zinsen für Unternehmenskredite.

Doch schlummern auch in den Bankbilanzen selbst Risken, vor allem durch hohe Bestände an Staatsanleihen sowie durch faule Kredite. Vor allem in den Krisenländern Italien, Spanien und Portugal hätten die Banken die Bestände an Staatsanleihen erhöht, kritisiert das IW. In den drei Ländern machen Staatsanleihen jeweils mehr als sechs Prozent der Bilanzsumme aus. (Für Griechenland liegt wegen der Schuldenschnitte keine durchgehende Zahlenreihe vor.) Der hohe Anteil an Staatsanleihen sei vor allem deswegen problematisch, da Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. „Bewertungsverluste von Staatsanleihen würden die Banken empfindlich treffen.“

Gerade in den Ländern mit hoher Staatsanleihenquote in der Bilanz ist meist auch der zweite Risikofaktor überdurchschnittlich stark ausgeprägt: notleidende Kredite. Als notleidend gelten Kredite im Allgemeinen bei einem Zahlungsaufschub von drei Monaten oder mehr. Fast jeder fünfte Kredit in Zypern (19,5 Prozent des Kreditvolumens im Jahr 2012) ist demnach notleidend. Hohe Werte weisen auch Griechenland (17,8), Italien (elf), Lettland (7,9), Portugal (sieben) und Spanien (6,4Prozent) auf.

Dabei konzentriert sich das Problem auf wenige Banken: In Summe betrug das Volumen notleidender Kredite bei allen untersuchten Euroraum-Banken im Jahr 2012 876,4 Mrd. Euro. 40 Prozent davon entfielen auf ein Viertel der Banken, 12,3 Prozent entfielen auf fünf Prozent der Banken. Diese haben allesamt ihren Sitz in Griechenland, Irland, Italien, Spanien und Zypern. „Die Kombination aus Bankenproblemen und gesamtwirtschaftlichen Problemen in diesen Ländern ist durchaus mit Sorge zu sehen“, heißt es in der Studie.

Problem Ertragsschwäche

Ein Problem sei auch die Ertragsschwäche vieler Banken. Eine lange Niedrigzinsphase könnte hier zur Gefahr werden, da sie die Banken verleite, in risikoreichere Aktiva zu investieren. Der Politik rät das IW, den Stresstest sehr strikt durchzuführen, um neues Vertrauen zu schaffen. Zugleich müsse die EZB darlegen, wie sie mit Problemen umgehen wolle. (b.l.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2014)

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