Türkei: Wagt Erdoğan ein Abenteuer in Syrien?

Erdogan attends a ceremony marking the 99th anniversary of the end of the Gallipoli campaign in Gallipoli
Erdogan attends a ceremony marking the 99th anniversary of the end of the Gallipoli campaign in Gallipoli(c) REUTERS (STRINGER/TURKEY)
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Die Opposition mutmaßt über Ablenkungsmanöver. Seit dem Beginn des Bürgerkrieges, gab es entlang der türkisch-syrischen Grenze mehrfach Zwischenfälle

Istanbul. Nach dem Abschuss des syrischen Kampfjets wächst bei Regierungskritikern in der Türkei die Sorge, dass Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan eine bewaffnete Eskalation im benachbarten Bürgerkriegsland suchen könnte, um vom Streit um den Korruptionsskandal und das Twitter-Verbot abzulenken. Die Oppositionspartei CHP warnt, Erdoğan könnte versucht sein, wenige Tage vor den wichtigen Kommunalwahlen am Sonntag ein militärisches Abenteuer in Syrien zu wagen.

Erdoğan und der türkische Generalstab behaupten, der syrische Jet habe das Hoheitsgebiet der Türkei verletzt und sei nach mehrmaligen Warnungen abgeschossen worden. Doch seine Gegner sehen das anders. Die CHP erklärte, es sei nicht klar, ob die Einsatzvorschriften der türkischen Armee bei dem Vorfall eingehalten worden seien. „Der Diktator könnte das Land in ein Abenteuer stürzen“, sagte Parteisprecher Haluk Koc. Mit „Diktator“ meinte er Erdoğan.

Kommunalwahl als Test

CHP-Chef Kemal Kiliçdaroğlu hatte den türkischen Generalstab bereits vor Tagen vor möglichen Kriegsabenteuern im Auftrag Erdoğans gewarnt. Bei den bevorstehenden Kommunalwahlen geht es nicht nur um die Vorherrschaft der Erdoğan-Partei AKP, sondern auch um einen Stimmungstest nach den Gezi-Unruhen des Vorjahres, dem Korruptionsskandal vom Dezember und dem vor einigen Tagen erlassenen Twitter-Verbot.

Die Warnungen der Opposition kurz vor der Wahl beziehen sich unter anderem auf das Grabmal von Süleyman Schah, den Großvater des osmanischen Reichsgründers OsmanI. Das Grab liegt rund 25Kilometer südlich der Türkei auf syrischem Gebiet, gilt aber als türkisches Territorium. Nachdem die Gegend um das Grab vergangene Woche von radikalen Islamisten erobert worden war, kündigte die Erdoğan-Regierung Vergeltung für jeden Angriff auf das Grabmal an. Eine solche Insinuation sei Landesverrat, sagte Außenminister Ahmet Davutoğlu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2014)

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