MH370: Wie der Doppler-Effekt die Flugroute zeigte

Satellitendaten legen den Schluss nahe, MH370 ist über dem Indischen Ozean abgestürzt. Beweise dafür gibt es noch nicht.
Satellitendaten legen den Schluss nahe, MH370 ist über dem Indischen Ozean abgestürzt. Beweise dafür gibt es noch nicht.(c) REUTERS
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Jede Stunde sendete die Boeing 777 ein elektronisches "Ping" an Satelliten. Die Dauer, wie lange das Signal für den Weg benötigte, war der Schlüssel zur Theorie über den Verbleib des Jets.

Es war kein Wrackfund, kein Bekennerschreiben einer Terrororganisation, kein Augenzeuge, der den malaysischen Ministerpräsidentendie zu einer Rede zur Lage der verschwundenen Boeing 777 der Malaysian Airlines veranlasste: Es war die Berechnung von Spezialisten der britischen Firma Satelliten-Firma Inmarsat, die ihn dazu brachte, die 239 Menschen an Bord von Flug MH370 für tot zu erklären. Der Flug sei über dem südlichen Indischen Ozean geendet, wo die Maschine wohl abgestürzt sei.

Aber was lässt die Ermittler sicher sein, dass sie die letzte Spur der Boeing wirklich gefunden haben? Bestätigt ist, dass aus dem Cockpit jegliche Kommunikationsinstrumente nach dem letzten Funkspruch "Gute Nacht" kurz vor 1.30 früh am 8. März abgeschalten wurde. Ab da sendete das Flugzeug lediglich ein stündliches (oder halbstündliches) Signal an einen Satelliten, wobei es bloß darum ging, Kontakt zu einem System der Fluglinie am Boden herzustellen, um dorthin technische Zustandsdaten des Flugzeugs zu übermitteln. Dieses "Ping" zeigt aber den aktuellen Standort nicht an, der Satellit schickt lediglich eine Antwort zurück, dass das Signal angekommen sei.

Wie lange braucht das "Ping" zum Satelliten

Schon für die erste bahnbrechende Änderung des Suchgebiets war Inmarsat verantwortlich. Die Experten errechneten aus den Laufzeiten der Signale eine mögliche Süd- und eine Nordflugroute. Dabei wurde die Entfernung von Signalquelle zu Satellit bestimmt und dann auf die Erde projiziert. Das ergab prinzipiell einen Kreis, von dem man zwei Bögen markieren konnte, die die maximal geschätzte Flugstrecke des Jets (rund sieben Stunden bei etwa 900km/h) anzeigten.

Weitere Berechnungen legten den südlichen Kreisbogen, also die Südroute über den Indischen Ozean, als wahrscheinlichen letzten Aufenthaltsort fest. Das Signal brauche 0,12 Sekunden zum Satelliten in 37.000 Kilometer Höhe über dem Äquator, wie David Stupples, britischer Elektronikprofessor der City University in London, der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua erklärte. Von einer weiter nördlich oder südlich gelegenen Position brauche das Signal entsprechend länger, um zum Satelliten zu gelangen.

Vergleich mit anderen Boeing-Signalen

Diese Tatsache machten sich die Satelliten-Spezialisten zu Nutze. Mittels der Differenz der Geschwindigkeiten konnte man die Position des Fliegers bestimmen, erklärt Inmarsat-Vizepräsident Chris McLaughlin der britischen Zeitung "Telegraph". Auch der "Doppler-Effekt" spielte den Technikern in die Karten, erklärte McLaughlin. Der Doppler-Effekt tritt etwa auch dann auf, wenn sich das Pfeif-Signal eines Zuges in der Tonhöhe ändert, nachdem der Zug an einem vorbeigefahren ist. Die Schallwellen werden gestaucht, weil der Abstands zwischen Sender und Empfänger während der Dauer des Signals verändert wird.

Diese wenigen Signale des Flugzeuges und ihre Reisedauer zum Satelliten waren der Schlüssel für neue Erkenntnisse, jedoch noch nicht alleine ausreichend. In einer zweiten Phase verglich man die vorliegenden Signale des verschollenen Fluges MH370 mit jenen anderer Flugzeuge desselben Bautyps der Malaysia Airlines auf den beiden zuvor errechneten möglichen Korridoren (Nord- bzw. Südroute). Das identifizierte "Muster" sei von anderen Wissenschaftlern ebenfalls überprüft worden. Auch Flugzeughersteller Boeing steuerte Daten über Geschwindigkeit und Verhalten der Maschine bei. Durch die genaue Eingrenzung sei schließlich die Südroute "als die passendste" ("the best fit") ermittelt worden.

China skeptisch

Die chinesische Regierung forderte von Malaysia alle Satellitendaten und deren Auswertung an, um die Schlussfolgerung über den Kurswechsel und den Absturz des Flugzeugs nachzuvollziehen. Ohne Trümmerteile seien die Schlussfolgerungen "ein bisschen blind" gezogen worden, schreiben die staatlichen Medien. Es brauche "lange Zeit", um die Ergebnisse zu verifizieren, sagt Luftfahrtexperte Wu Peixin der "China Daily". "Gibt es irgendwelche anderen Beweise?"

Die Familienmitglieder der Passagiere fordern von der Regierung in Kuala Lumpur und der Fluggesellschaft Malaysian Airlines Erklärungen, was mit der Boeing 777 genau geschehen ist. "Die malaysische Regierung hat uns betrogen", riefen Dutzende Demonstranten. Allein mehr als 150 der insgesamt 239 Menschen an Bord des Flugzeugs kamen aus China.

>> Zum Video des "Telegraph"

(Red.)

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