Diskriminierung: Typisch deutsche Namen bevorzugt

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In einer Studie wurde untersucht, warum Hakan gegenüber Tim bei der Suche nach einer Lehrstelle zumeist auf verlorenem Posten steht.

Forscher haben in Deutschland fiktive Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz geschrieben. Dabei ließen sie jeweils zwei Jugendliche, einen mit typisch deutschem Namen, einen mit typisch türkischen Namen, um einen Ausbildungsjob als Bürokaufmann und Kfz-Mechatroniker kämpfen. Damit wollten sie herausfinden, wer die Lehrstelle bekommt. Das Ergebnis der Studie gebe unseren nördlichen Nachbarn eine erschreckende Antwort, schreibt der "Spiegel-Online".

Denn Jugendliche mit ausländischer Herkunft müssen deutlich mehr Bewerbungen schreiben als ihre deutschen Kollegen, um zu einem Termin für ein Vorstellungsgespräch zu kommen. Auch würden sie öfter ignoriert und müssten sich häufiger duzen lassen. "Wir haben es in Deutschland mit einem ernsthaften Diskriminierungsproblem zu tun", fasst Studienleiter Jan Schneider bei der Präsentation zusammen.

Fiktives Bewerberprofil

Die umfangreiche Studie wurde vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration, einem Zusammenschluss von acht Stiftungen, initiiert. Dabei haben die Studienautoren vier fiktive Bewerberprofile entworfen. Die Namen der Bewerber: Lukas Heumann, Ahmet Aydin, Tim Schultheiß und Hakan Yilmaz.
Beide Bürokaufmann-Azubis hatten die deutsche Staatsangehörigkeit und Deutsch als Muttersprache. Sie waren beide mit Jahrgang 1996 ident alt. Zudem hatten sie mit 1,9 den gleichen Notendurchschnitt, waren ehrenamtlich engagiert und spielten Fußball. Die angehenden Kfz-Mechatroniker hatten gleiche Merkmale einzig ihr Notendurchschnitt lag bei 2,0.

In einem Zeitraum von dreieinhalb Monaten schickten die Forscher jeweils eine Bewerbung mit türkischem und eine mit deutschem Namen an 1794 zufällig ausgewählte Unternehmen, die auf der Online-Börse der Bundesagentur für Arbeit einen freien Ausbildungsplatz ausgeschrieben hatten.

Typische deutsche Namen bevorzugt

Das Match endete deutlich zugunsten der Kandidaten mit typisch deutschem Namen: Tim und Lukas brauchten durchschnittlich fünf Bewerbungen für einen Termin für ein Vorstellungsgespräch, Ahmet und Hakan sieben. Weitere Ergebnisse: Kleinere Unternehmen diskriminieren mehr als größere Betriebe, die häufiger mit formalisierten Verfahren arbeiten, wie die Forscher vermuten. Die Berwerber mit typisch deutschem Namen wurden öfter angerufen, Hakan und sein Kollege bekamen häufiger die Nachrichten per Post. Auch wurden die beiden öfter  geduzt und mit Vornamen angesprochen.

In einer Runde mit 13 beliebig ausgewählten Personalisten wurden die Auswahlkriterien für Auszubildende diskutiert. Dabei kamen vergangene Erfahrungen zum Tragen wie "Aber bei Türkisch und ach und man hört so viel...Das passt oft nicht" oder "Man versucht immer, sich selbst einzustellen." Ein Personalverantwortlicher erzählte eine Geschichte aus seinem Unternehmen, wonach
es dort vor etwa drei Jahren einen 'Ali' als Azubi gegegeben habe, der nur Schwierigkeiten gemacht habe. Nun möchte keiner mehr einen 'Ali' im Team haben."

"Erwartungshaltungen, Vorurteile und Projektionen erweisen sich in Verbindung mit betrieblichen Auswahllogiken als Nährboden für Diskriminierung", wird Studienautor Jens Schneider zitiert. Und darunter leide die Wirtschaft, vor allem in Zeiten, in denen Verantwortliche aus Politik und Wirtschaft ständig über Fachkräftemangel klagen. Denn mit der derzeitigen Haltung entgehen den Betrieben viele geeignete Bewerber.

>> Artikel auf "Spiegel-Online"

>> Mehr: Kevin - Nicht nur diskriminiert, auch ungerecht benotet

(red.)

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