Essl: Die Geschichte einer Kunstsammlung
Agnes und Karlheinz Essl sammelten seit den 70er Jahren Nachkriegskunst aus Österreich und der ganzen Welt.

Das Essl Museum ist Geschichte - jedenfalls für Besucher. Mit 1. Juli 2016 stellte das Museum in Klosterneuburg seinen Ausstellungsbetrieb ein. Die Finanzierung sei trotz aller Bemühungen nicht mehr möglich, sagte Karlheinz Essl. 42 Mitarbeite verloren ihren Job. Das Museum selbst blieb als Depot für die Kunstsammlung erhalten. Diese zählt zu den größten und bedeutendsten privaten Sammlungen für zeitgenössische Kunst in Europa.
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Die Sammlung Essl in Klosterneuburg umfasste annähernd 7000 Werke. In der Sammlung befinden sich Schlüsselarbeiten der österreichischen Kunst seit 1945 wie auch internationale Werke.

Agnes und Karlheinz Essl lernten sich 1958 in New York kennen. Der Kärntner Kaufmann und die Galerie-Mitarbeiterin verliebten sich ineinander und in zeitgenössische Kunst. Zurück in Österreich begannen sie in den 70er-Jahren zu sammeln: Zuerst Werke von Friedensreich Hundertwasser und Kurt Moldovan, später auch andere österreichische Künstler.
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1976 gründete Karlheinz Essl die Heimwerkerkette Baumax, gleichzeitig wuchs seine Sammlung. Für die Auswahl der Bilder und die Ankäufe zeichnete das Ehepaar selbst verantwortlich – Karlheinz Essl hatte nebenbei Kunst studiert und war Hobby-Maler. Das Ehepaar Essl betonte stets, wie wichtig ihnen der persönliche Kontakt zu den Künstlern sei. Im Bild: Karlheinz Essl überreicht dem Künstler Georg Baselitz zum 75. Geburtstag eine Torte (Jänner 2013).
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In den 1980ern wuchs die Privatsammlung zur bedeutendsten Sammlung österreichischer Nachkriegskunst. Im Besitz der Essls befinden sich Werke von Maria Lassnig, Valie Export, Arnulf Rainer, Max Weiler, Markus Prachensky, Hermann Nitsch, Günter Brus wie auch von jüngeren Künstlern wie Elke Krystufek und Clemens Wolf. Bild: Maria Lassnig, Science fiction, 1988, 2-teilig, Öl auf Leinwand, 203 x 284 cm
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Erstmals öffentlich ausgestellt wurde die Essl-Sammlung im Jahr 1987: Da öffnete im Schömer-Haus, dem Baumax-Bürogebäude, eine Ausstellungshalle.
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Ab 1989 sammelte das Ehepaar Essl zusätzlich zu Werken österreichischer Künstler auch internationale Kunst. Sie wollten „die Kunst aus Österreich nicht mehr separiert sehen“, so die Sammler. Die Sammlung umfasste somit bald auch zeitgenössische Kunst aus ganz Europa sowie aus den USA, Asien und Australien. Die internationalen Kunstwerke dürften den Wert der österreichischen um Vieles übersteigen. Bild: CHI PENG, Sprinting Forward 2, 2004, Ed. 10/10, Digital Print
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Ab 1999 waren die Kunstwerke des Essl Sammlung im Essl Museum in Klosterneuburg zu bewundern. Agnes und Karlheinz Essl wollten dadurch „der Gesellschaft etwas zurückgeben“. Das Museumsgebäude wurde vom Architekten Heinz Tesar geplant.
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Das zur Gänze privat finanzierte Museum verstand sich auch als Experimentierfeld für junge Kunst. Regelmäßig werden junge, am Markt noch nicht etablierte Künstler präsentiert. Das Museumsprogramm umfasst außerdem noch Konzerte, Performances und Klanginstallationen sowie Literaturveranstaltungen.
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Mit Zahlen zum Museum geizte das Ehepaar Essl stets: Bekannt sind weder Besucherzahlen, noch wieviel sie sich das Museum jährlich kosten lassen. Der Eintritt für Studenten ist übrigens frei. Bild: Günter Brus, Visionible Ausstattung des Zukunftssalons, 1989, Ölkreide, Buntstift auf Japanpapier auf Leinwand
(c) Sammlung Essl Privatstiftung (Foto: Mischa Nawrata)

Im März 2014 berichtete das Wirtschaftsmagazin „trend“ erstmals, dass die Kunstsammlung Essl zur Disposition stehe, da die Baumarktkette Baumax ums Überleben ringe. "Meine Frau und ich sind bereit, die gesamte Sammlung der Republik zu übergeben, wenn wir damit Baumax und somit rund 4000 Arbeitsplätze allein in Österreich retten können", wurde Essl in einer Aussendung des Museums zitiert.
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Essl wünschte sich, dass die Republik die Sammlung um den kolportieren Buchwert von 86 Millionen Euro kaufe, das Museumsgebäude wollte er aber behalten.
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Doch Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) erteilte ihm nach einem Runden Tisch zum Thema eine Absage.
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Wie viel die Sammlung genau wert ist, ist nicht bekannt. Dem "Handelsblatt" zufolge wird sie auf mehr als 100 Millionen Euro geschätzt. Der kolportierte Höchstwert lag bei 160 Millionen Euro.
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Lange stand eine mögliche Versteigerung der gesamten Sammlung zur Debatte. Doch dann übernahm die Stiftung des Industriellen Hans Peter Haselsteiner 60 Prozent der Kunstsammlung des Baumax-Gründers. Die restlichen 40 Prozent der SE-Sammlung Essl GmbH gehören der Karlheinz und Agnes Essl Privatstiftung und der Martin und Gerda Essl-Privatstiftung. Martin Essl ist der jüngste Sohn des Baumax-Gründers.
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Ein Teil der Sammlung wurde trotzdem verkauft. Mitte Oktober 2014 gelangten 44 Werke zur Rekapitalisierung in London zur Versteigerung. Für insgesamt rund 66 Millionen Euro wechselten 40 Kunstwerke den Besitzer (die restlichen vier fanden keinen Käufer). Am meisten brachte bei der Versteigerung das vierteilige Bild "Wolken (Fenster)" des deutschen Künstlers Gerhard Richter (im Bild) ein, es war einem anonymen Käufer umgerechnet 7,9 Millionen Euro wert. Vorab war es allerdings auf bis zu 8,8 Millionen Euro geschätzt worden.
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Der Erlös sollte teilweise für die Refinanzierung der Rettung der großen Kunstsammlung vor den Ansprüchen der Gläubigerbanken der angeschlagenen Baumarkt-Kette Baumax, teilweise zur Finanzierung des Betriebs des Essl Museums verwendet werden, hieß es damals. Doch auch die Auktion rettete das Museum nicht vor der Schließung. Installation aus "Die letzten Tage der Menschheit" von der österreichischen Künstlerin Deborah Sengl.
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