Obama schmeichelt "Bruder im Geiste"

(c) REUTERS (POOL)
  • Drucken

Die Audienz Barack Obamas beim Pontifex brachte zwei der populärsten Männer des Planeten erstmals zusammen. Der US-Präsident gab sich als Franziskus-Fan zu erkennen.

Zum Abschluss seiner Europa-Reise erfüllte sich Barack Obama in der Ewigen Stadt einen Bubentraum: Er gönnte sich einen Besuch im Kolosseum, wo die Imperatoren bei der Löwenhatz einst den Daumen hoben oder senkten. Zuvor hatte ein bestens gelaunter US-Präsident bei der Audienz bei Papst Franziskus ein Zahnpastalächeln zur Schau gestellt – für jeden US-Präsidenten, ob nun katholisch oder nicht, gehört eine Visite im Vatikan zum Pflichtprogramm einer Rom-Reise.

In den Prunkgemächern des Apostolischen Palastes, in der päpstlichen Bibliothek, trafen erstmals die beiden Galionsfiguren aus der Neuen Welt aufeinander: der abgedankte „Messias“ aus Washington und der neue Hoffnungsträger aus Buenos Aires, beide vom Magazin „Time“ zuletzt zu „Männern des Jahres“ gekürt. In dem argentinischen Jesuiten erkennt der Ex-Sozialarbeiter aus Chicago so etwas wie einen „Bruder im Geiste“.

„Bin ein großer Bewunderer“

An einer katholischen Privatschule in Jakarta, die Franz von Assisi gewidmet ist, hatte der kleine „Barry“ eine erste Prägung erhalten. In der South Side von Chicago kam Obama in den 1980er-Jahren – zu Zeiten der Befreiungstheologie – in Kontakt mit katholischen Pfarrgemeinden. Chicagos damaligem liberalen Kardinal Joseph Bernardin brachte er Hochachtung entgegen.

Die Priorität des Papstes, der Kampf gegen Armut und soziale Ungerechtigkeit, ist nach dem Geschmack Obamas, wie er in einem Interview mit der Zeitung „Corriere della Sera“ bekundete: „Der Papst verkündet nicht nur das Evangelium, er lebt es.“ Franziskus sei eine Inspiration, schwärmte er. Zu Beginn des fast einstündigen Gesprächs, so kolportierte es die „New York Times“, charmierte der protestantische Präsident den Papst: „Ich bin ein großer Bewunderer.“

Die Verneigung ist einigermaßen bemerkenswert für den sonst von sich selbst eingenommenen Staatsmann, und sie signalisiert auch, dass der Papst dem Präsidenten als coole Kultfigur den Rang abgelaufen hat. Gegen die Zustimmungsraten für Franziskus von 76Prozent unter US-Amerikanern verblassen diejenigen Obamas.

Ganz ungetrübt sind die Beziehungen zwischen dem Weißen Haus und dem Vatikan gleichwohl nicht. Die US-Drohnenangriffe haben auch die Kritik von linksliberaler Seite mobilisiert, darunter von US-Katholiken. Der Trend zur Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe, mithin Obamas Schwenk in dem gesellschaftspolitischen Disput, stößt unter den etablierten Religionsgemeinschaften in den USA weiter auf Widerstand.

Richtiggehend erzürnt hat katholische Bischöfe und Gläubige indes ein Paragraf von Obamacare. Die Klausel, die Verhütungsmittel auf Krankenschein gestattet, brachte selbst viele Anhänger gegen den Präsidenten auf. Die Mehrheit der Katholiken votierte 2012 dennoch für seine Wiederwahl – was zum Teil wohl auch am Obama-Vize lag: dem irischstämmigen, leutseligen Katholiken Joe Biden.

Zumindest am Rand kamen die Streitfragen bei einer Pressekonferenz Obamas in Rom zur Sprache, die Harmonie störten sie aber nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

U.S. President Barack Obama meets with Pope Francis at the Vatican
Religion

Obama beim Papst: "Es ist eine Ehre"

Eine Stunde lang tauschten sich der US-Präsident und der Pontifex im Vatikan aus. Obama lobte Franziskus: "Er lebt das Evangelium."

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.